Wenn Ewa Gilun an die Arbeit geht, taucht sie ab in eine andere Welt. Wie auf einer Zeitreise erforscht die Restauratorin dann die Geschichte, die Beschaffenheit und auch die Absicht, die hinter einem Kunstwerk stecken. „Ich habe gern einen persönlichen Bezug“, sagt sie. Das geht manchmal so weit, dass die 59-Jährige nachts nicht schlafen kann. So wie bei dem lange verschollenen Porträt von Betty Heine, der Tante Heinrich Heines, das sie gerade für die jüdische Gemeinde wiederherstellt.

In winzigen Schritten arbeitet sie sich vor, damit das Gemälde als Letztes in der Sammlung möglichst bald fertig wird. Dabei ist Geduld nicht unbedingt die große Stärke der gebürtigen Polin, die 1977 nach einem Besuch in Hamburg geblieben war. „Ich wollte nicht mehr im Kommunismus leben“, sagt sie. Stattdessen beantragte sie Asyl und begann, Kunstgeschichte zu studieren. Nach dem Machtwechsel in ihrer Heimat setzte sie an der Uni in Torun (früher Thorn) ihr Restaurationsstudium fort und machte sich selbstständig.

Besonders wichtig ist ihr, dass sie den Marienaltar im Warschauer Nationalmuseum mitrestauriert hat, im Rahmen eines deutsch-polnischen Projekts. Auch privat ist Kunst für die St. Georgerin wichtig. „Aber dann muss es modern sein“, sagt sie. Wenn es die Auftragslage erlaubt, geht sie dafür auch auf Reisen. Nach New York zum Beispiel. „Ich bin eben eine Weltenbummlerin.“