Neuwiedenthal. Sie drängeln sich dicht bei dicht. Vier, fünf, sechs Kinder auf einem handtuchgroßen Teppich. Es wird eng, bedrohlich eng. Dann springen einzelne ab, bis nur noch ein Kind auf dem Teppich steht. „Nun wisst ihr, wie sich Massentierhaltung anfühlt“, sagt Erzieherin Andrea Sulewski. „So eng beieinander leben viele Kühe in deutschen Ställen.“ Die 50 Kinder der Kita Quellmoor haben das Thema selbst gewählt: die Kuh. Ein Jahr lang schon dreht sich alles um das Tier, an dem sich so vieles anschaulich lernen lässt. Angefangen hatte alles bei einem Besuch in der Großküche. Unmengen Milch wurde verarbeitet. Die Kinder fragten, woher sie käme. „Von Aldi“, sagt ein Kind. „Aus der Tüte“, sagte ein anderes. „Von der Kuh“, wusste ein drittes. „Aber Kühe geben doch keine Tüten“, konterte ein viertes. Die Frage ließ die Kinder nicht los. Da wusste Frau Sulewski, dass eine Kindergartenkuh hermuss.

„Rosi“ heißt das gute Tier, ein lebensgroßes Vieh aus Pappmaschee, mit Euter und großen braunen Augen. Rosi aber steht auch für eine glückliche Kuh, nach der die Kinder Monate lang gesucht haben. Sie haben den Biobauernhof Gut Wulfsdorf besucht, Tiere gefüttert und erlebt, wie ein Kalb von seiner Mutter getrennt wurde. Das jämmerliche Klagen des Muttertieres kommentierte die Bäuerin mit den Worten: „Das geht jetzt ein paar Wochen so weiter.“

Die Kinder waren entsetzt. Nein, eine glückliche Kuh fanden sie hier nicht. Sie lasen Bücher, bastelten Kühe in allen Variationen, sie machten Joghurt, Frischkäse und Pudding aus frischer Milch, taten einen Biohof in Dollern auf, der direkt vom Hof lieferte und fanden schließlich in Kirchwerder ihre glückliche Kuh. Höhepunkt des Projekts war eine Reise auf einen Bauernhof in der Lüneburger Heide, drei Tage lang, mit allen Beteiligten. Die jüngste Mitreisende war gerade ein Jahr alt.

Inzwischen haben die Kinder eine neue Frage gestellt. Sie wollen wissen, woher das Fleisch kommt, das sie essen. „Von Rewe“, sagt ein Kind. „Aus der Kühltruhe“, sagt ein zweites. „Von der Kuh“, sagt ein drittes. „Von Rosi?“, fragen die anderen. Stück für Stück lernen die Kinder nun, woher das Essen kommt. Gemeinsam haben sie entschieden, in der Kita vegetarisch zu essen. Den Kindern schmeckt es. Und sie können abends guten Gewissens einschlafen – und von Rosi träumen.