Harburg. Vergewaltigungsopfer erleiden nicht nur körperliche Verletzungen, sondern sind auch schwer traumatisiert. Können Kinder wie die fünfjährige Harburgerin Melanie (Name geändert) jemals damit fertig werden? Dr.Birgit Kastens, Leitende Oberärztin der Abteilung Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie der Asklepios Klinik Harburg, erklärt, wie ihnen dabei geholfen wird.

Zunächst gelte es zu klären, ob das Trauma ein einmaliges Ereignis oder eines von vielen ist. „Ist es im Leben des Kindes der bisher einzige schlimme Vorfall, kann es damit relativ gut fertig werden“, so die Ärztin. Der Erfolg hänge letztendlich vom Umfeld der Kleinen ab: Je größer die familiäre Fürsorge und der emotionale Halt sei, desto schneller könnten sie die Erlebnisse verarbeiten. Eltern und Geschwister würden beim Umgang mit traumatisierten Kindern von erfahrenen Psychologen unterstützt. Dazu gehörten auch familientherapeutische Gespräche. „Der Vorfall darf kein Tabuthema werden“, sagt Kastens. Je besser die Eltern das Geschehen verarbeiteten, desto leichter falle das auch den Opfern.

Nach einer Vergewaltigung reagierten Kinder zunächst wie betäubt: desorientiert und nur eingeschränkt aufmerksam. Bei sehr jungen Kindern könne es auch vorkommen, dass man ihnen zunächst gar nichts anmerkt. Erst nach etwa 24 Stunden würden sich bei ihnen typische Belastungsreaktionen wie Unruhe, Fluchtgedanken und panische Angst zeigen. Diese klängen – je nachdem, wie gut die Kinder aufgefangen würden – in der Regel nach einigen Tagen wieder ab. Je jünger die Opfer sind, desto größer sei die Chance auf ihre seelische Wiederherstellung. „Sie haben zwar Schmerzen, können den Charakter der Straftat aber nicht einschätzen“, sagt Birgit Kastens. Eltern und ältere Geschwister ständen der Gewalttat oft viel ohnmächtiger gegenüber.