Der Baustopp für die A20 ist schädlich für den Norden – und wäre vermeidbar gewesen

Um es gleich vorwegzunehmen: Ich habe nichts gegen Fledermäuse. Und natürlich muss auch eine Wirtschafts- und Industrienation wie Deutschland darauf achten, dass seltene Tierarten geschützt werden. Die bedeutendste bekannte Population der Fledermäuse innerhalb Deutschlands verdient sicherlich Schutz.

So weit, so gut.

Der am Mittwoch vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhängte Baustopp für die Autobahn 20 mag gut für nachtaktive Fledermäuse und um den Wert ihrer Grundstücke besorgte Eigentümer sein – für Hamburg und Schleswig-Holstein ist er eine Katastrophe. Eine mögliche Umgehung der Hansestadt wird für Menschen und Wirtschaft immer wichtiger.

Zwar wurde das Nadelöhr Elbtunnel in Hamburg mit der vierten Röhre und dem Abschluss der Sanierungsarbeiten an den alten Tunnelröhren behoben – doch mit der anstehenden Erneuerung der Brückenbauwerke im Hafengebiet südlich der Elbe und mit dem Bau des Deckels im nördlichen Stadtgebiet stehen jahrelange neue Behinderungen an.

Seit fast 30 Jahren ist die Autobahnumgehung, die heute unter dem Namen A20 gebaut werden soll, im Gespräch. Spätestens mit der deutschen Einheit 1990 wurde die Planung für die Küstenautobahn ganz konkret – und zumindest in Mecklenburg-Vorpommern auch erfolgreich umgesetzt. Vor zwölf Jahren wurde mit der Planung des nun strittigen Bauabschnittes in Höhe von Bad Segeberg begonnen.

Dass der Weiterbau der Autobahn 20 nun nach so langer Zeit der Vorbereitung von einem Gericht gekippt wird, ist eine Schande. Nicht für das Leipziger Gericht. Nein, es ist eine Schande für die Verantwortlichen in der Politik und den planenden Behörden. Es kann und es darf nicht sein, dass ein solch wichtiges Infrastrukturprojekt in Deutschland so lange geplant wird – und dann doch wieder nichts passiert.

Die Planung von Verkehrs- und Großprojekten dauert ohnehin in Deutschland schon viel zu lange. Wenn sie dann auch noch in Teilen wiederholt werden muss – weil sie mangelhaft ausgeführt wurde und Klagen vor Gericht nicht standhält –, ist das doppelt ärgerlich und absolut nicht akzeptabel. Dass Interessenverbände gegen kleine und große Neubauprojekte mit Anwälten kämpfen, ist nichts Neues. Und es ist auch nichts Verwerfliches – denn dazu sind die Möglichkeiten eines Rechtsstaates schließlich da.

Nur: Politik und Planer müssen damit umgehen und entsprechend sorgfältig arbeiten. Das ist in diesem Fall offensichtlich einmal mehr nicht geschehen. Dieses Land braucht dringend eine verlässlichere Zukunftsplanung für solch wichtige Infrastrukturprojekte.

Die eigentlich für das Jahr 2017 anvisierte Verbindung der Autobahn 20 mit der Autobahn 7 ist nun nicht mehr zu halten. Mindestens zwei weitere Jahre werden verstreichen, bis es diese wichtige Ausweich- und Entlastungsmöglichkeit geben wird. Mit Chance wird das Autobahnteilstück dann kurz vor der Eröffnung des Fehmarnbelt-Tunnels fertig. Der ist im Gegensatz zur A20 ein wirkliches Jahrhundertbauwerk – wäre dann aber in einem Bruchteil der Zeit umgesetzt worden. Mit dieser Querung wird die Verkehrsbelastung noch einmal deutlich zunehmen.

Für die wirtschaftliche Zukunft Schleswig-Holsteins und für die Nerven der Autofahrer in Norddeutschland war der 6. November 2013 ein schwarzer Tag. Wer verärgert mit dem Finger auf die Richter zeigt, macht es sich viel zu einfach. Wer die Schuld den Fledermäusen zuschieben möchte, ebenfalls. Die haben Schutz verdient. Die Verantwortlichen für das schleswig-holsteinische A-20-Debakel sicherlich nicht.