Wie die viertstärkste Fraktion die Zukunft von Bundestag und Bundesregierung prägt.

Wie wird die neue Bundesregierung aussehen, wie der Bundestag? Die Grünen haben es entschieden: Ihr Nein zu einem Bündnis mit der Union wird der Start einer Großen Koalition und eines Parlaments sein, in dem zum ersten Mal die Linken die größte Oppositionsfraktion stellen. Ob sich die Grünen sowohl mit dem einen als auch mit dem anderen einen Gefallen getan haben, darf bezweifelt werden. Aber darum scheint es ihnen nicht zu gehen: Zu groß seien die inhaltlichen Differenzen zur CDU und vor allem zur CSU, lautet die offizielle Begründung, warum es trotz langer Sondierungsgespräche mit Schwarz-Grün nichts wird. Inoffiziell dürfte auch eine Rolle spielen, dass sich die Grünen nach der für sie weniger erfreulichen Bundestagswahl erst einmal wieder finden müssen – eben auch inhaltlich, aber vor allem personell.

Deshalb kommt es nun so, wie es die Mehrheit der Deutschen wünscht. Es ist ausgeschlossen, dass sich die SPD nach dem Votum der Grünen einer Regierungsbeteiligung verschließt, das wäre aus eigener Sicht grob fahrlässig und staatsbürgerlich eine Frechheit. Die Sozialdemokraten wissen, was jetzt ihre Verantwortung als Volkspartei ist, und sie werden sie wahrnehmen. Erstens, weil sich Kompromisse mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Union relativ einfach herstellen lassen. Zweitens, weil eine (un)mögliche Neuwahl für die SPD eben keine Alternative ist. Sie müsste fürchten, dann nicht einmal mehr über 20 Prozent zu kommen und der CDU/CSU endgültig zu einer absoluten Mehrheit zu verhelfen.

Also Große Koalition. Das ist nie verkehrt in Zeiten, in denen auf eine Regierung große Herausforderungen und schwierige Entscheidungen warten, und davon gibt es ja einige: die Euro- und vor allem die Schuldenkrise, aber auch jede Menge Reformen, über die seit Jahren, manchmal seit Jahrzehnten diskutiert wird und die endlich einmal auf den Weg gebracht werden müssen – Pflege und Krankenversicherung zuerst. Dazu kommen dringende Fragen wie die Energiewende und die marode Infrastruktur in Deutschland. All das kann, all das wird eine Große Koalition angehen, wahrscheinlich ohne Blockaden des Bundesrats, und das ist gut.

Schlecht ist, dass es neben den beiden künftigen Regierungsfraktionen im Bundestag zahlenmäßig kaum noch etwas gibt, das man eine echte Opposition nennen kann. Die Linken und die Grünen werden eher keine gemeinsame Strategie entwickeln können, und die FDP ist bekanntermaßen gar nicht mehr dabei. Was das für die Debattenkultur im Bundestag bedeutet, kann man sich gut vorstellen. Und ob sich gerade die Grünen als nur noch viertstärkste und damit kleinste Kraft bis zur nächsten Wahl 2017 so profilieren können, dass es dann vielleicht zu mehr reicht? Und wenn ja, mit wem? Mittelfristig muss sich die Partei eben doch einmal dazu durchdringen, es mit der CDU zu wagen, wenn sie denn regelmäßig die Option haben will, Politik nicht nur zu begleiten, sondern tatsächlich auch auf Bundesebene wieder zu gestalten.

Dazu brauchen die Grünen wie alle anderen Parteien Geld, und deshalb sollten sie sich, dieser Schlenker sei erlaubt, genau überlegen, wie sie mit den verbliebenen Großspendern für die Politik umgehen. Natürlich lässt sich die finanzielle Unterstützung einer Partei etwa durch ein Industrieunternehmen oder eine Einzelperson immer bezüglich der einen oder der anderen politischen Entscheidung interpretieren. Aber schlimmer wäre, wenn man gar nicht mehr über Parteispenden diskutieren könnte, weil es es sie schlicht nicht mehr gibt.

Die Parteien sind auf Hilfe von außen angewiesen, wenn sie ihre wichtigen demokratischen Funktionen erfüllen sollen. Das sollten alle wissen, die die wenigen angreifen, die dafür noch Geld geben.