Thomas Drach verlässt mit 1800 Euro Überbrückungsgeld das Gefängnis. Wohl nicht nur Polizisten werden ihm folgen

Hamburg. Nur noch wenige Tage, dann kommt Reemtsma-Entführer Thomas Drach frei. Mehr als 15 Jahre saß der heute 53-Jährige, der der Drahtzieher einer der spektakulärsten Entführungen der deutschen Kriminalgeschichte ist, im Gefängnis. In der Nacht vom 25. auf den 26. März 1996 hatten er und seine beiden Komplizen den Hamburger Millionär Jan Philipp Reemtsma in Blankenese gekidnappt. 33 Tage wurde Reemtsma angekettet in einem Keller in einem Haus bei Bremen festgehalten. Nachdem die Rekordlösegeldsumme von 30 Millionen Mark gezahlt wurde, kam Reemtsma wieder frei.

Wenn sich wie geplant in der zweiten Hälfte des Oktober das Gefängnistor in Billwerder öffnet, wird Thomas Drach mit 1800 Euro Überbrückungsgeld und wenigen persönlichen Dingen in die Freiheit entlassen. Auf Drach, der als berechnend und gefährlich gilt, wird nicht nur die Polizei ein Auge haben. Denn möglicherweise ist der Mann, der während seiner Haftzeit nie gearbeitet hat, um sich etwas zu verdienen, ein Lösegeldmillionär. Ein Großteil der Summe von heute umgerechnet 15,3 Millionen Euro, darunter 12,5 Millionen Schweizer Franken, sind nicht wieder aufgetaucht. Deshalb werden sich wohl nicht nur Polizisten an Drachs Fersen heften, sondern vermutlich auch Mitarbeiter einer Wiesbadener Sicherheitsfirma, die schon kurz nach dem Ende seiner Entführung von Jan Philipp Reemtsma beauftragt wurde. Auch andere Kriminelle dürften Interesse haben, wohin ihn seine Wege führen.

Gegenwärtig berät das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) noch über Maßnahmen der Führungsaufsicht gegen Thomas Drach. Die Maßregel kann angeordnet werden, wenn Gefahr besteht, dass der Täter weitere schwere Straftaten begeht.

Zuvor hatte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts bereits mögliche Auflagen und Weisungen beschlossen, dagegen hatte Drach jedoch sofortige Beschwerde eingelegt. Deshalb liegt die Akte seit dem 4. Oktober beim OLG. Die Staatsanwaltschaft wollte sich aber zu den Details nicht äußern. Denkbar sind nach Paragraf 68b der Strafprozessordnung etwa Weisungen wie das Tragen einer elektronischen Fußfessel, ein Kontaktverbot zu der durch die Straftat verletzte Person oder schlicht Meldeauflagen.

Auch Drachs Verteidiger Helfried Roubicek wollte auf Abendblatt-Anfrage zu den Weisungen der Führungsaufsicht keine Stellungnahme abgeben. Wie aus Justizkreisen verlautet, hat Drach keine Haftlockerungen wie begleitete oder unbegleitete Ausgänge bekommen.