Durch große Verkäufe ist der Markt für Hamburger Gewerbeimmobilien um 44 Prozent gewachsen. Nicht nur das Alsterhaus, auch die Zentrale des Germanischen Lloyds und das Shoppingcenter Altonaer Bahnhof wechselten die Besitzer.

Hamburg. Einige spektakuläre Immobiliendeals haben dem Hamburger Markt für Gewerbeimmobilien im dritten Quartal einen kräftigen Schub gebracht. Zwischen Juli und September wechselten 34 gewerbliche Immobilien mit einem Volumen von 830 Millionen Euro den Besitzer, was einem Plus von 44 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht. Darunter sind das Alsterhaus, der Firmensitz des Germanischen Lloyds und das Shoppingcenter des Bahnhofs Altona. Allein diese drei Objekte haben einen Wert von rund 300 Millionen Euro.

Europaweit ist die Hansestadt nach einer Studie des Maklerunternehmens CBRE der siebentwichtigste Standort für Immobilienkäufe und -verkäufe. Noch sind es vor allem Inländer wie der Tchibo-Erbe Günter Herz, der sein Immobilienportfolio erweitert hat, doch Experten rechnen damit, dass auch Ausländer folgen werden.

„Aufgrund der stabilen wirtschaftlichen Fundamentaldaten und dem attraktiven Renditeniveau gehen wir davon aus, dass insbesondere chinesische Versicherungsfonds dem erfolgreichen Beispiel koreanischer institutioneller Anleger folgen werden und deutsche Immobilien verstärkt kaufen werden“, sagt Fabian Klein, Investmentstratege bei CBRE in Deutschland.

Der größte Deal in Hamburg im dritten Quartal war das Alsterhaus. Für 125 Millionen Euro verkaufte die Ärzteversorgung Berlin die Immobilie an die Signa Holding. Hinter ihr steht René Benko, der zu den 50 reichsten Österreichern zählt. Er hat sich nicht nur das Gebäude gesichert, sondern übernimmt wie berichtetet auch das operative Geschäft vom bisherigen Karstadt-Eigentümer Nicolas Berggruen. Zuvor hatte Signa bereits die Immobilien Oberpollinger in München und KadeWe in Berlin gekauft.

Beteiligung am Geschäft und gleichzeitig Immobilienbesitzer, das hält offensichtlich auch Tchibo-Erbe Günter Herz für eine gute Idee. Für 107 Millionen Euro erwarb sein Family Office das Gebäude des Germanischen Lloyds (GL) am Brooktorkai in der HafenCity. Der Schiffs-TÜV wird inzwischen vom norwegischen Konkurrenten Det Norske Veritas (DNV) beherrscht. Doch 36,5 Prozent der Anteile liegen noch beim Hamburger Unternehmen Mayfair der Investoren Günter Herz und dessen Schwester Daniela Herz-Schnoeckel, den bisherigen Alleineignern des GL.

Das Shoppingcenter des Bahnhofs Altona sicherte sich der Londoner börsennotierte Immobilienkonzern Redefine International für 72,5 Millionen Euro. „Noch wird der Hamburger Markt für Gewerbeimmobilien von nationalen Anlegern bestimmt“, sagt Christoph Ringleben, Geschäftsführer von Grossmann & Berger. Ausländische Anleger haben einen Anteil von 30 Prozent. Für das Gesamtjahr rechnet er mit einem Transaktionsvolumen von 2,5 Milliarden Euro.

Auch der Hamburger Vermietungsmarkt entwickelt sich erfolgreich. Hamburgs Firmen sind weiterhin auf der Suche nach neuen Quartieren. Die Bereitschaft, sich einen neuen Firmensitz zu suchen, dürfte auch der günstigen Mietpreisentwicklung geschuldet sein. Anders als bei Wohnungen ist die Nettomiete für Büros leicht gesunken. Der Durchschnittswert für die Monatsmiete liegt jetzt bei 13,80 Euro netto kalt pro Quadratmeter. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum ist das ein Rückgang um drei Prozent. Die Firmen können ihre Büros damit fast so günstig mieten wie im Jahr 2009.

So haben sich schon Philips, Schenker und der Spieleentwickler InnoGames für neue Standorte entschieden. Die Bezirksverwaltung der gesetzlichen Unfallversicherung VBG hat sich einen neuen Standort in der City Süd gesichert. Die Versicherung wird voraussichtlich im Sommer 2015 in das Fleet Office am Heidenkampsweg ziehen. Dort hat sie 8700 Quadratmeter angemietet. Der Bürokomplex entsteht dort, wo jetzt die alte Sachsenburg abgerissen wird.

„Der Schwerpunkt der Vermietungstätigkeit in den ersten drei Quartalen dieses Jahres lag im mittleren Preissegment zwischen 12,01 und 17,50 Euro pro Quadratmeter“, sagt Andreas Rehberg, Geschäftsführer des Hamburger Maklerunternehmens Grossmann & Berger. Dagegen verzeichnete das Preissegment über 20 Euro pro Quadratmeter in diesem Jahr einen Rückgang von 37 Prozent bei den Anmietungen. Rehberg macht dafür aber nicht den Sparkurs der Firmen verantwortlich, sondern das geringere Neubauflächenangebot insbesondere in der City.

Hamburgs Makler sind zuversichtlich, ihr Jahresziel zu erreichen. Bis Ende 2013 sollen rund 450.000 Quadratmeter Bürofläche neu vermietet werden. „Genügend Unternehmen, die neue Büroflächen nachfragen, sind in jedem Fall im Markt vorhanden“, sagt Artur Kraft von Angermann. In den ersten neun Monaten konnte am Hamburger Büromarkt ein Flächenumsatz von rund 326.000 Quadratmetern registriert werden.

Damit lag das Umsatzvolumen in der Hansestadt um drei Prozent über dem Vorjahresergebnis. Im dritten Quartal wurden 107.500 Quadratmeter neu vermietet. „Der Großteil des Umsatzvolumens verteilt sich auf ein breites Spektrum von Branchen und spiegelt die diversifizierte Wirtschaftsstruktur Hamburgs wider, die auch in Zeiten geringer wirtschaftlicher Prosperität für ein nachhaltiges Umsatzvolumen sorgt“, sagt Heiko Fischer, Niederlassungsleiter des Maklerunternehmens CBRE.

Der größte Abschluss im dritten Quartal war die Anmietung von 4100 Quadratmetern von Tchibo am Überseering. Abschlüsse über 5000 Quadratmeter gab es zwischen Juli und September überhaupt nicht. „Rund 78 Prozent der Mietverträge entfallen auf kleinteilige Büroflächen bis zu 1000 Quadratmetern“, sagt Oliver Horstmann von der Maklerfirma Engel & Völkers in Hamburg.