Hauptsache, billig – norddeutsche Unternehmen suchen ihre Chancen in der Krise. Dieser Tage gab die Rickmers Gruppe des Hamburger Reeders Bertram Rickmers ein Projekt mit der US-Kapitalgesellschaft Apollo bekannt.

Hamburg. Eine Investition in Schiffe galt in den vergangenen Jahren nicht als empfehlenswert. Zehntausende deutsche Anleger haben seit Beginn der Schifffahrtskrise im Jahr 2009 Geld in Schiffsfonds verloren. Das Vertrauen in die einst populäre Anlageklasse ist massiv erschüttert, jedenfalls bei Normalbürgern, die einen sicheren Hafen für ihr Geld suchen. Profis allerdings wittern die Chance, jetzt mit Schiffen richtig Geld zu verdienen. Gebrauchte Frachter mit wenigen Jahren Laufzeit sind zu Schnäppchenpreisen zu haben.

Dieser Tage gab die Rickmers Gruppe des Hamburger Reeders Bertram Rickmers ein Projekt mit der US-Kapitalgesellschaft Apollo bekannt. Sie gründeten in Singapur ein Gemeinschaftsunternehmen für den Kauf gebrauchter Containerschiffe mit einem Investitionsvolumen von 500 Millionen Dollar. Die Rickmers Gruppe hatte in der ersten Jahreshälfte eine Anleihe begeben und damit 175 Millionen Euro vom Kapitalmarkt eingeworben. Sie steuert nun 100 Millionen Dollar zum neuen Unternehmen bei.

„Diese Zusammenarbeit ist ein weiterer Meilenstein auf dem Weg, den wir eingeschlagen haben, um eine Reihe von Möglichkeiten für Investitionen und Wachstum zu entwickeln“, sagte Ronald Widdows, Vorstandschef der Rickmers Gruppe und früher Chef der Reederei NOL in Singapur. Die Rickmers Gruppe will die Schiffe, die aus dem Gemeinschaftstopf finanziert werden, auch betreiben. Schnäppchenschiffe beflügeln die Fantasie. Die Preise für gebrauchte Schiffe sind am Boden. Die Zinsen auch. Wer jetzt kauft, steigt zu komfortablen Bedingungen ein. Denn aussteigen müssen nach wie vor viele, vor allem durch Zwangsversteigerungen von Schiffen, deren Fonds überschuldet sind. „Viele Gesellschaften befinden sich heute in einer Liquiditätskrise, die zum konsequenten Handeln zwingt“, sagte Wolfgang Topp, Generalbevollmächtigter der HSH Nordbank, kürzlich beim Symposium der Hamburger Reederei Hansa Treuhand mit Blick auf überschuldete Schifffahrtsunternehmen. Die Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein, größter Schiffsfinanzierer der Welt, sucht unter Hochdruck nach Wegen, das eigene Kreditportfolio ohne extreme Abschreibungen zu verringern.

Nicht selten liegen die Preise für wenige Jahre alte Schiffe bei unter der Hälfte des Anschaffungswertes. Die Jungunternehmer der Hamburger Reederei Auerbach Schifffahrt etwa kauften im vergangenen Jahr bei Auktionen für jeweils rund 13 Millionen Dollar zwei Mehrzweckfrachter, die früher für die Flotte der Bremer Reederei Beluga Shipping fuhren. Die Reederei war Anfang 2011 insolvent gegangen. „Ein flächendeckender Ausverkauf gebrauchter Schiffe findet sicher nicht statt“, sagte ein Hamburger Insider dem Abendblatt. „Aber einige Unternehmen versuchen jetzt, ihre Chance zu nutzen.“ Auch griechische Reeder, die traditionell mit sehr gutem Gespür zu Niedrigstpreisen einkauften, übernähmen derzeit Containerschiffe von vormals deutschen Eignern. „Das Problem dabei ist: Solange gebrauchte Schiffe nicht verschrottet und damit endgültig vom Markt genommen werden, sinken auch die Überkapazitäten in bestimmten Schiffsklassen kaum.“

Auch die Oltmann Gruppe im ostfriesischen Leer setzt auf günstige Gebrauchte: Schon elf Fonds hat das Finanzierungsunternehmen dafür seit dem Jahr 2000 aufgelegt, allein in diesem Jahr wurden vier Frachter zu, wie es heißt, „Krisenpreisen“ übernommen. „Das Ziel ist, 15 Millionen Euro einzuwerben“, sagte Manfred Riemann, Sprecher des Unternehmens, dem Abendblatt, zum jüngsten Oltmann-Fonds „2. Eigenkapitalkonzept“, der an diesem Mittwoch gestartet wurde. Anders als bei den früher in Deutschland gängigen Schiffsfonds setzt man bei dem neuen Fonds nur auf das Eigenkapital von Anlegern, die sich mit mindestens 20.000 Euro beteiligen. Fremdkapital von Banken sei nicht im Spiel – es würde derzeit wohl auch keine Bank etwas dazugeben. Drei von zehn bisherigen Oltmann-Fonds seien bereits wieder aufgelöst worden, sagte Riemann: mit im Schnitt vier Jahren Laufzeit und „einer durchschnittlichen Rendite von knapp 27 Prozent pro Jahr nach Steuern“.