Eine Glosse von Alexander Schuller

Wenn es draußen herbstelt und die Abende kühler werden, beginnt sie wieder: die erotischste Phase des Jahres. Dann nämlich, wenn ein prasselndes Kaminfeuer lodert, ein schwerer Bordeaux in hellroten Schlieren am Kristallglas hinunterrinnt und ein Eisbärenfell vor der Feuerstelle...

Es lag also nicht nur an seiner Furcht vorm Netzrückkauf und den von den Gegnern heraufbeschworenen apokalyptischen Folgen, warum mein Bekannter H., ein echter Schlawiner, sich seine eh schon protzige Wohnung in der HafenCity mit einem original französischen „Cheminée“ verschönerte, den er nun mit seiner neuen Flamme namens Ulrike einweihen wollte. Kaum hatte er jedoch den Grillwürfel entzündet, der die Scheite im Kamin planmäßig in Brand steckte; kaum hatte er im lässigen Schneidersitz auf dem Eisbärenfell Platz genommen, um seine Eroberung mit schmachtendem Blick zu sich zu locken, bemerkte besagte Ulrike hüstelnd, dass sie nicht nur Asthmatikerin, sondern auch Veganerin sei, sodass weder irgendeine Form von Rauch noch gar ein Eisbärenfell in ihr Liebesleben passen würden. Überhaupt sei es furchtbar blödsinnig, wertvolles Holz aus Jux oder romantischen Gründen zu verfeuern. Und ob H. nicht was Antialkoholisches im Hause hätte – vielleicht eine Rhabarbersaftschorle? – Ja, er habe zufällig noch etwas Sojamilch im Kühlschrank, antwortete H., glücklicherweise Laktose-intolerant von Geburt an. Und so, bemerkte H. dann später in seiner Herrenrunde, sei der Abend dann doch noch ganz nett geworden, unten, im Keller, bei Kerzenschein und Latte Macchiato vor der Fernwärmeleitung.