„Das grüne Desaster bei der Bundestagswahl ist selbst verschuldet. Und es ist früh vorbereitet worden. Mit einem Programm, das altsozialdemokratischen Geist atmet und unter Freiheit etwas versteht, was vom Staat gewährt wird. In diesem Programm haben sich die Grünen ein Bild der Gegenwart gemalt, das bestenfalls die Bedürfnisse der Führungsriege nach linker Idyllenmalerei befriedigt.

Hier der böse Staat, dort die armen Minderheiten, und daneben wir, die guten Grünen – mit misstrauischem Blick auf „die“ Gesellschaft, aus deren Mitte bekanntlich Unheil dräut. Das Programm blendet riesige Bereiche aus, weil sie ihm ideologisch nicht in den Kram passen – so den Islamismus, die Vielfalt der zivilgesellschaftlichen Akteure und vor allem den Genuss jener Freiheiten, die zum Lebensstil gerade des grünen Milieus gehören. Es stellt die Partei neben und über die Gesellschaft und teilt Tadel aus. Zu dieser Herablassung passt niemand besser als unser Oberlehrer Trittin. Sein süffisantes Grinsen ist zum Markenzeichen des grünen Wahlkampfes geworden. Er blickt als verschmitzter Kommentator auf das Geschehen. Dabei war er immerhin das einzige rhetorische Geschütz seiner Partei.

Im Vergleich dazu war die Spitzenkandidatin eine glatte Fehlbesetzung: zaghaft, fade und ohne Biss. Die großartigen parteiinternen Plebiszite zu Kandidaturen und Programm sind offenbar keine Qualitätsgarantie. Programme werden so glatt geschliffen. Grüne Kandidaten werden der Parteibasis gereicht wie ein Obstarrangement... Parteitage sind längst zu langweiligen Aufmärschen von Granden degeneriert...Nicht nur ein Kandidat, auch der Wähler kann ironisch sein. Diesmal stellt er die Grünen vor die reizvolle Frage, ob sie in jene Koalition gehen, die sie vorher so vehement ausgeschlossen haben, oder – durch Verweigerung – der Bundesrepublik eine derart große Regierungsmehrheit bescheren, dass diese das Grundgesetz ändern könnte.“

Unser Autor Kurt Edler ist Mitbegründer und Vordenker der Hamburger Grünen