Die Versorgung mit Fernwärme funktioniert technologisch und wirtschaftlich anders als die mit Strom und Erdgas. Zwar ist auch der Fernwärmemarkt für den Wettbewerb liberalisiert. Die Erzeugung und Übertragung von Fernwärme gehören aber auf lokaler Ebene eng zusammen.

„Trotz der Unterschiede zu Strom und Erdgas herrscht auch am Fernwärmemarkt intensive Konkurrenz“, sagt Frank May, Geschäftsführer des Unternehmens Vattenfall Wärme Hamburg GmbH. „Vattenfall ist in Hamburg der größte Fernwärmeversorger. Es gibt aber in der Stadt derzeit noch zehn andere Anbieter. Wenn ein Unternehmen – sei es in der Industrie oder in der Wohnungswirtschaft – in der Lage ist, eine sinnvoll große Nachfrage zu organisieren, kann es ein eigenes Fernwärmenetz errichten. Das setzt aber voraus, dass es auch ein verfügbares Angebot an Wärme gibt.“

Die Stadt Hamburg ist auch am Fernwärmenetz von Vattenfall mit 25,1 Prozent und damit in Form einer Sperrminorität beteiligt. Mit gut 800 Kilometer Netzlänge versorgt Vattenfall Wärme in Hamburg 450.000 Wohneinheiten. Erzeugt wird die Wärme bei Vattenfall vor allem im Steinkohlekraftwerk Wedel und in mehreren kleineren Kombikraftwerken, die sowohl Strom als auch Heizwärme erzeugen.

Bürgerinitiative verhinderten, dass das Kraftwerk Moorburg Fernwärme liefert

Die Fernwärmeversorgung in Hamburg erregte politischen Streit, weil das neue Großkraftwerk Moorburg – das mit Steinkohle betrieben werden wird – einen Großteil der Fernwärmeversorgung in der Hansestadt hätte übernehmen sollen. Bürgerinitiativen verhinderten allerdings eine Anbindungsleitung durch die Elbe nach Altona. Moorburg, eines der größten in den vergangenen Jahren neu gebauten Kraftwerke in Deutschland, wird zunächst ohne Fernwärmeanteil an den Markt gehen, voraussichtlich im Jahr 2014. Vattenfall will das alte Wedeler Kraftwerk für die Fernwärmeversorgung in Hamburg nun stattdessen durch ein neues Gas-und-Dampf-Kraftwerk ersetzen.

Bislang ungenutzte Wärme der Industrie soll Bedarf an Fernwärme decken

Beim Kraftwerk Moorburg, aber auch bei etlichen Industrieunternehmen in der Stadt liegt ein großes Fernwärmepotenzial brach. „Wir überprüfen gemeinsam mit der Stadt unter anderem auch, wie bislang ungenutzte Wärme vor allem aus großen Industrieunternehmen sinnvoll eingesetzt werden kann“, sagt May. „Das Kraftwerk Moorburg hat eine große Fernwärme-Kapazität, man könnte damit einen guten Teil des Hamburger Bedarfs decken. Daher wird eine mögliche Nutzung auch für den Hamburger Süden geprüft.“ Generell hat die kombinierte Erzeugung von Strom und Wärme einen hohen Wirkungsgrad. Die Brennstoffe werden weit besser genutzt als bei einer reinen Stromproduktion.

Das verbessert die Ökobilanz auch bei fossilen Energieträgern wie Steinkohle oder Erdgas erheblich. Vattenfall geht davon aus, dass das geplante Gas-und-Dampf-Kraftwerk in Wedel mit einer Energieausnutzung von bis zu 95 Prozent betrieben werden kann. Bei moderneren Kohlekraftwerken in reiner Stromerzeugung liegen die Wirkungsgrade zwischen 40 und 50 Prozent. „Große Fernwärmeerzeuger sind wesentlich effizienter als kleinere Blockheizkraftwerke“, sagt May. „Darüber kann auch der technologische Reiz nicht hinwegtäuschen, den der Zusammenschluss vieler kleiner dezentraler Blockheizkraftwerke zu virtuellen Kraftwerken sicher hat.“