Fünf Meter breit, 6,4 Kilometer lang und beleuchtet: Neue Strecke in Wilhelmsburg setzt Maßstäbe für die Zukunft des Verkehrs in Hamburg. Das Vorbild soll Kopenhagen sein.

Hamburg. Zwar ist der Hamburger Senat immer wieder Zielscheibe von Kritik durch Fahrrad-Lobbyisten, wenn es um die Radpolitik in der Hansestadt geht. Doch für Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof (SPD) selbst ist das Fahrrad offensichtlich ein gängiges Fortbewegungsmittel – und nicht nur das Auto. Für eine erste Proberunde auf Hamburgs modernstem Rad-Rundweg in Wilhelmsburg hatte er am Donnerstag jedenfalls flugs zwei Klemmen in der Hand, um die Anzughose fachgerecht zusammenzubinden, damit sie nicht in die Kette gerät.

Eine flotte Proberunde auf dem 6,4 Kilometer langen und immerhin fünf Meter breiten „Loop“ gemeinsam mit Bezirksamtsleiter Andy Grote folgte. Beide eröffneten am Donnerstag diesen neuen Weg, der zum Teil mit Mitteln der Internationalen Bauausstellung (IBA) finanziert wurde und neue Maßstäbe in der Hamburger Radverkehrspolitik setzen soll.

Und die steht offenbar vor einem deutlichen Umbruch: Im Mai waren die sieben Hamburger Bezirksamtsleiter ins dänische Kopenhagen gereist, um sich dort anzusehen, wie der Radverkehr organisiert wird. Mit großen, abgetrennten Radspuren auf nahezu allen Hauptstraßen, eigenen Ampelschaltungen für Radler, Fahrradschnellstrecken ins Umland und etlichen Rad-Parkhäusern in der Innenstadt konnte Kopenhagen den Radverkehrsanteil auf knapp 40 Prozent steigern.

In Hamburg liegt der Anteil des Fahrrads am Verkehrsgeschehen bei etwa 13 Prozent. Die Maßnahmen der dänischen Hauptstadt, die das Fahren mit dem Rad gezielt als Weg für mehr Lebensqualität fördert, haben die Teilnehmer der Hamburger Abordnung offensichtlich beeindruckt. Anfang des kommenden Monats wollen sich die sieben Bezirksamtsleiter daher in der Senatskanzlei mit Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) treffen, um Möglichkeiten einer neuen Radverkehrspolitik für Hamburg zu erörtern, hieß es am Donnerstag in Behördenkreisen. „Wir müssen dieses Thema völlig neu denken“, so ein Teilnehmer der Kopenhagen-Reise.

Bisher steht die Radpolitik des Senats in der Kritik: Viele Abschnitte des 1400 Kilometer langen Radwegnetzes gelten als marode, und die kürzliche Ankündigung von 100 Kilometern zusätzlichen oder sanierten Fahrradwegen und -streifen in den nächsten vier Jahren ist aus Sicht der Kritiker viel zu wenig. Bezirksamtsleiter Andy Grote unterstützt dabei eine neue Richtung in der Hamburger Radverkehrspolitik: „Wir brauchen eine neue Aufteilung der Flächen im Straßenraum“, sagte er bei der „Loop“-Eröffnung. Grote kündigte zudem an, dass der Bezirk Mitte bei einer neuen Radoffensive der Stadt eine Vorreiterrolle einnehmen wolle. „Wir wollen der fahrradfreundlichste Bezirk in Hamburg werden“, sagte der SPD-Politiker. So soll in den kommenden zwei Jahren vor allem die Route von der Innenstadt bis zur Süderelbbrücke für Radfahrer ausgebaut werden, um das Radfahren auch für Berufspendler attraktiv zu machen.

Vorbild sei der „Loop“, der bisher einmalig sei in Hamburg und ursprünglich auf Anregung des Wilhelmsburger Unternehmers Michael Grau (Mankiewicz-Lackfabrik) geplant wurde, um die Elbinsel besser an die City anzubinden.

Tatsächlich überzeugt der am Ende insgesamt 6,4 Kilometer lange Weg auch die sonst eher kritischen Vertreter des Fahrradclubs ADFC. „Das könnte der Stadtweg der Zukunft sein“, sagt ADFC-Verkehrsreferentin Merja Spott. Der „Loop“ (plattdeutsch für Lauf, englisch für Schleife) ist laut Bezirksamt Mitte der erste Weg in dieser Größe in Hamburg, der nur für nicht motorisierte Verkehrsteilnehmer offen ist – neben Radfahrern können ihn auch Fußgänger und Skater nutzen.

Der Ausbaustandard auf fünf Metern sowie eine durchgängige Beleuchtung seien in der Hansestadt ebenfalls einmalig. Und erstmals in Hamburg werden Radfahrer auf einem derartigen Weg an einer Kreuzung gegenüber dem Autoverkehr bevorzugt. Der Weg ist bisher gut fünf Kilometer lang und verbindet das Reiherstiegviertel mit den S-Bahn-Stationen in Wilhelmsburg und auf der Veddel.

Nach Ende der Gartenschau in Wilhelmsburg soll ein weiterer Abschnitt hinzukommen. Rund drei Millionen Euro hat der durchgängig markierte „Loop“ gekostet. Ähnliche Wege im Bezirk Mitte könnten folgen, kündigte Grote an. „Wir brauchen eine Veränderung der Haltung zum Radverkehr“, so Grote. Und diese Veränderungen müssten auch deutlich spürbar sein.