Es fehlen mindestens 1900 Betten. Erst-Asylbewerber müssen teilweise in Zelten leben. Die Hamburger Innenbehörde betrachtet die Entwicklung mit Sorge.

Hamburg. Die Hansestadt richtet sich auf einen massiven Zustrom neuer Flüchtlinge ein. Nach Berechnungen des Bundesinnenministeriums werden in diesem Jahr erstmals seit 15 Jahren wieder mehr als 100.000 Menschen in Deutschland Asyl beantragen – und Hamburg ist verpflichtet, 2600 von ihnen aufzunehmen. Die Innenbehörde betrachtet die Entwicklung mit Sorge: Schon jetzt werden in der Stadt die Unterkünfte knapp.

Die Bürgerschaft beschäftigt sich bereits aktuell mit einer Vorlage, die den Weg für zusätzliche Haushaltsmittel zur Aufstockung der Unterbringungsplätze frei machen soll. „Daran, dass wir bereits derzeit auf Zelte zurückgreifen müssen, wird erkennbar, dass die Kapazitäten aktuell nicht ausreichen. Deshalb suchen wir in der gesamten Stadt nach weiteren Standorten für eine Unterbringung“, sagte die Sprecherin der Innenbehörde, Swantje Glissmann. „Wir sind derzeit dabei, die Containerwohnanlage in der Schnackenburgallee in Altona von 112 auf 300 Plätze zu erweitern.“

Für die Zentrale Erstaufnahme stünden derzeit etwa 700 Plätze zur Verfügung – davon 200 in Horst (Mecklenburg-Vorpommern) und etwa 100 in drei Zelten an der Sportallee in Groß Borstel.

Nach Auskunft des städtischen Dienstleistungsunternehmens fördern & wohnen (f&w), das allein 40 Unterkünfte für Flüchtlinge und Asylbewerber verwaltet, sind zurzeit 4450 Menschen sowie rund 1700 Zuwanderer, die dauerhaft in Hamburg bleiben können, untergebracht. „Doch wir rechnen für die nächsten Wochen und Monate mit einer steigenden Zahl von Asylbewerbern. Daher werden jetzt zusätzlich 1900 weitere Plätze in Wohnunterkünften geschaffen“, sagt f&w-Sprecherin Christiane Schröder.

Nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg wurden allein von Januar bis Ende Juli dieses Jahres 52.754 Asyl-Erstanträge in Deutschland gestellt – ein Zuwachs von rund 90 Prozent: Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es erst 27.760. Gleichzeitig stieg die Zahl der anhängigen Asylverfahren auf insgesamt 71.031 – ebenfalls eine Steigerung um rund 90 Prozent. Die 300 „Lampedusa-Flüchtlinge“ in der Hansestadt, die seit Wochen auch die Hamburger Politiker beschäftigen, sind in diesen Berechnungen nicht enthalten.

Sie demonstrierten am Sonnabend, begleitet von rund 2500 Unterstützern, in der Innenstadt für ein Bleiberecht nach Paragraf 23 (Aufenthaltsgewährung in Härtefällen). Es war das erste Mal, dass sich Flüchtlinge auf diese Weise organisierten. „Solch eine Akzeptanz und Solidarität der Bevölkerung habe ich noch nie erlebt“, sagt St.-Pauli-Pastor Sieghard Wilm, der in seiner Kirche seit elf Wochen 80 der Westafrikaner beherbergt. „Diese Flüchtlinge bilden eine Ausnahme. Sie sind mehrfach traumatisiert, denn sie sind die Überlebenden einer humanitären Katastrophe.“

„Die Flüchtlinge aus Lampedusa können aus rechtlichen Gründen nicht in einer unserer Einrichtungen untergebracht werden“, sagt f&w-Sprecherin Schröder. Für das kommende Winternotprogramm werde das allerdings noch geprüft. Es handele sich dabei jedoch um ein „niederschwelliges Angebot, einen Erfrierungsschutz für obdachlose Menschen und keine Flüchtlingsunterkunft“.