Nachlässe steigen auf durchschnittlich 18 Prozent. Hauptgrund ist die Kaufzurückhaltung in Deutschland. Auch Hamburger Händler sind von dieser Situation betroffen.

Hamburg. Nicht nur die Temperaturen sind im Juli gestiegen. Erstmals seit Monaten hat auch die Zahl der Neuzulassungen auf dem deutschen Automarkt wieder leicht zugelegt – um 2,1 Prozent. Doch das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Hamburger Händler mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben.

„Dieses Jahr wird mit Sicherheit zu den schlechteren gehören“, sagt Michael Babick, Geschäftsführer bei Dello. „Wohl kaum einer wird es schaffen, die schlechten Zahlen des ersten Quartals in diesem Jahr auszugleichen.“ Babick macht vor allem das Wetter für den schwachen Start ins Jahr verantwortlich: „Bei Schneemassen und Glatteis hatte eben kaum jemand Lust, sich ein neues Auto zu kaufen.“

Auch bei der Hamburger Peugeot-Niederlassung läuft es nicht gut. „Das erste Halbjahr war für uns extrem schwierig“, sagt Markus Kuberek, Vertriebsleiter für Neuwagen. Durch die Neueinführungen des Peugeot 2008 des Modells 308 im September sehe man dem zweiten Halbjahr zwar positiv entgegen. „Aber insgesamt ist der Privatkundenmarkt stark rückläufig, das merken wir vor allem in unserem Kleinwagensegment“, so Kuberek.

Pessimistisch zeigt sich denn auch der Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer. „Das Jahr 2013 könnte eines der schlechtesten Verkaufsjahre für Neuwagen in Deutschland seit der Wiedervereinigung werden“, erwartet der Direktor des CAR-Centers Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen. Nach seiner Prognose werden in diesem Jahr in der Bundesrepublik 2,9 Millionen Neuwagen verkauft. Das wären weniger als 2010, dem Jahr nach der Abwrackprämie. In den ersten sieben Monaten ist die Zulassungszahl jedenfalls um 6,7 Prozent auf knapp 1,8 Millionen Einheiten gesunken.

„Der Markt tut sich so schwer wie nie“, sagt Dudenhöffer. „Die Euro-Krise ist jetzt auch in Deutschland angekommen. Die Menschen werden vorsichtig, selbst wenn sie eigentlich noch genügend Geld zur Verfügung haben.“ Schließlich sei der deutsche Automarkt längst gesättigt – und damit seien Neuwagenkäufe nicht zuletzt eine Sache der Stimmung.

Zwar ist der vom Marktforschungsunternehmen GfK ermittelte Konsumklimaindex im August weiter geklettert, die Anschaffungsneigung der Deutschen erreicht damit den höchsten Wert seit eineinhalb Jahren. Doch Dudenhöffer kann sich die Umfrageergenisse schwer erklären: „Das gilt vielleicht für Immobilien, Möbel, Smartphones oder Mode, aber keinesfalls für den Automarkt.“

Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), versucht der Branche mit einer anderen Statistik Mut zu machen: 8,7 Jahre sei das Durchschnittsauto auf deutschen Straßen schon alt, daraus resultiere ein erheblicher Ersatzbedarf.

„Autos altern nicht nach dem Kalender, sondern nach dem Kilometerstand“, sagt Dudenhöffer dazu, „und die Fahrleistung pro Jahr ist zuletzt leicht zurückgegangen.“ Peugeot-Vertriebsleiter Kuberek kann diese Einschätzung aus seiner Berufspraxis bestätigen: „Wir bemerken eine längere Nutzungszeit bei unseren Kunden.“ Vor allem in den Großstädten verliere das Auto seine Bedeutung als Statussymbol, meint man dazu in der Branche. Kuberek nennt einen Nebeneffekt, der den großen Händlern ebenfalls wehtut: „Die Werkstatttreue lässt deutlich nach und somit auch die regelmäßige Wartung beim Vertragshändler.“

Angesichts der Marktflaute beim Neuwagenverkauf versuchen Hersteller und Händler seit dem Frühjahr mit besonders kräftigen Preisnachlässen gegenzusteuern. „Die Rabatte verharren auf höchstem Niveau“, so Dudenhöffer. So gewährten nach seinen Berechnungen allein schon die Hersteller im Juli durch Sonderaktionen im Schnitt einen sogenannten Kundenvorteil von knapp 13 Prozent.

Ein Beispiel ist der „Barzahlerbonus“ von bis zu 4560 Euro auf alle Ford-Focus-Modelle. Bei Internet-Händlern gibt es dem Experten zufolge für die 30 Top-Modelle aktuell Rabatte von durchschnittlich 18 Prozent. Die höchsten Preisnachlässe von rund 30 Prozent verzeichnet Dudenhöffers Team derzeit für die Modelle Ford Fiesta, Ford Focus und Opel Corsa. Auch während der Branchenmesse IAA im September werde das Wort „Rabatt“ eine der wichtigsten Werbebotschaften der Autobauer in Deutschland sein.

Der Anteil der sogenannten Eigenzulassungen durch Hersteller und Händler an den gesamten Neuzulassungen ist nach Angaben des CAR-Centers zuletzt auf gut 27 Prozent gestiegen. Auch dies ist ein Indiz für die schwache Marktverfassung. Besonders hoch (46 Prozent) sei die Quote der Eigenzulassungen bei Chevrolet – eine der Marken, die Dello im Angebot hat. „Chevrolet ist weltweit die stärkste Marke von General Motors, aber in Deutschland liegt der Marktanteil erst bei rund einem Prozent“, erklärt Babick dazu. „Diese Position versucht der Hersteller auszubauen.“

Wie es im Markt heißt, unternehmen aber auch die zum VW-Konzern gehörenden Autobauer Seat und Skoda erhebliche Anstrengungen, in Deutschland weiter voranzukommen. Tatsächlich gehören beide zu den Marken, die in den ersten sieben Monaten 2013 gegen die allgemeine Tendenz zulegen konnten. Im Hinblick auf das Geschäft von Dello in Norddeutschland entwickele sich Opel gut, wobei sich die neuen Modelle Mokka und Adam auswirkten, sagte Babick. „Chevrolet liegt wie auch Ford, Honda und Toyota ungefähr auf Vorjahresniveau, während wir bei Citroën deutliche Rückgänge sehen.“

Der gerade erst im Januar eingeführte Opel-Kleinwagen Adam sei allerdings im ersten Halbjahr durch einen besonders hohen Anteil der Eigenzulassungen von immerhin 52 Prozent aufgefallen, und der Corsa rangiere nur knapp dahinter, merkt Dudenhöffer an: „Opel ist damit auf seinem Sanierungskurs auf der Nachfrageseite bisher wenig erfolgreich.“