Hochbahnchef verspricht Verbesserungen für Linie 3. Im Interview mit dem Hamburger Abendblatt kritisiert Günter Elste das eigene komplizierte Tarifsystem. Elektronisches Ticket kommt.

Hamburg. Hochbahn-Chef Günter Elste leitet seit 17 Jahren die Geschicke des Verkehrsunternehmens. Im Interview mit dem Hamburger Abendblatt kritisiert der 64-Jährige das eigene komplizierte Tarifsystem – „es muss einfacher und übersichtlicher werden“. Um die Busse schneller zu machen, will die Hochbahn eine elektronische Fahrkarte und Lesegeräte in den Bussen anschaffen, sodass die Fahrer nur noch in Ausnahmen Tickets verkaufen werden. Und auch U-Bahn-Linien sollen enger getaktet werden, um noch mehr Kunden – im vergangenen Jahr waren es 423 Millionen – befördern zu können.

Hamburger Abendblatt: Die Hamburger Hochbahn präsentiert Jahr für Jahr neue Rekorde bei den Fahrgastzahlen – und diese sollen weiter steigen. Wie will Ihr Verkehrsunternehmen diesen Ansturm bewältigen?
Günter Elste: Wir müssen unsere Kapazitäten weiter deutlich ausbauen, denn wir rechnen mit einem durchschnittlichen Fahrgastzuwachs von mindestens 2,5 Prozent pro Jahr. Durch das Busbeschleunigungsprogramm können wir auf wichtigen Linien die Kapazitäten steigern und entsprechend mehr Fahrgäste befördern. Zurzeit haben wir rund 750 Busse, bis 2020 werden es mehr als 900 sein. Den Anteil der Gelenkbusse steigern wir von gut 20 Prozent heute auf dann mehr als 40 Prozent. Im U-Bahn-Betrieb müssen wir auf der stark frequentierten Linie 3 zwischen Mümmelmannsberg und Berliner Tor langfristig einen 90-Sekunden-Takt anstatt des 150-Sekunden-Takts haben. Das werden wir aber nicht kurzfristig schaffen, weil wir dafür eine komplett neue, automatische Betriebsführung benötigen.

Wird es in Hamburg eine U-Bahn ohne Fahrer geben – wie in Nürnberg?
Elste: Nein, das planen wir für Hamburg nicht. Dabei geht es vor allem auch um Sicherheitsaspekte. Die Fahrzeuge müssen längerfristig technisch so umgerüstet werden, dass die U-Bahn auf bestimmten Streckenabschnitten vollautomatisch beschleunigt, fährt und bremst. Nur so kann man einen engen Takt sicher fahren. Der Fahrer ist auf diesen Streckenabschnitten vor allem für den Fahrgastwechsel verantwortlich, kann im Notfall aber auch eingreifen. Im kommenden Jahrzehnt werden wir ein solches System einsetzen. Darauf wird die nächste Fahrzeuggeneration, der DT6, von vornherein ausgerichtet sein müssen.

Wer in Hamburg eine Fahrkarte kaufen möchte, befindet sich in einem wahren Tarifdschungel. Sehen Sie Handlungsbedarf?
Elste: Eindeutig. Wir haben in Hamburg zu viele verschiedene Tarife und Fahrkartentypen. Dieses System muss im Sinne der Kunden vereinfacht und übersichtlicher gestaltet werden.

Mit der Busbeschleunigung sollen auch viele zusätzliche Haltestellen mit Fahrkartenautomaten ausgestattet werden. Warum?
Elste: Wir planen allein auf der Metrobuslinie 5 mehr als 30 neue Fahrkartenautomaten. Dadurch sollen die Fahrer entlastet werden und der Fahrgastwechsel beschleunigt werden, denn bei dem Kauf eines Tickets im Bus müssen bis zu 140 Menschen warten. Das geht effizienter.

Wie sieht der Fahrkartenverkauf der Zukunft aus?
Elste: Die Zukunft gehört der elektronischen Fahrkarte. Zurzeit läuft dazu ein Pilotprojekt in Harburg. Ich sehe aber die Oyster Card in London als Vorbild für Hamburg. Auf diese elektronische Fahrkarte kann Geld aufgeladen werden. Dann wird es in den Bussen an ein Gerät gehalten und automatisch der Fahrkartenbetrag abgebucht – und zwar immer der günstigste Tarif. Dieses System ist sehr kundenfreundlich und würde viel Zeit sparen.

Die Stadt will, dass ab 2020 nur noch emissionsfreie Busse bestellt werden. Wann wird denn die Fahrzeugflotte komplett auf umweltfreundliche Busse umgestellt sein?
Elste: Das wird Anfang der 2030er-Jahre der Fall sein. Denn wir fahren die Busse ja rund zwölf Jahre lang. Aber wir sind auf gutem Weg. Anfang August bekommen wir 15 neue Dieselhybridbusse von Volvo. Insgesamt haben wir dann schon eine Flotte von 37 Fahrzeugen mit innovativen Antriebstechnologien. Der Bus der Zukunft nutzt die Elektromobilität, entweder in Form der Brennstoffzellen oder mit Batterien. Beide Entwicklungen haben wir im Auge.

Es wird zurzeit diskutiert, an den Park-and-ride-Stellplätzen an U-, S- und Regionalbahnstationen künftig Parkgebühren zu verlangen. Was halten Sie davon?
Elste: Eine geringe Gebühr für die Nutzung der P+R-Plätze halte ich für richtig, weil wir das Angebot hier stark ausweiten, was hohe Investitionen mit sich bringt. Diese Gebühr könnte aber niedrig ausfallen, also beispielsweise einen Tagespreis von zwei Euro nicht übersteigen. Für Zeitkarteninhaber könnte es eine Monatsgebühr von zum Beispiel 20 Euro beziehungsweise eine Jahresgebühr von 200 Euro geben. Wichtig ist, dass neue und größere P+R-Anlagen am Stadtrand entstehen. Innerhalb des Stadtgebietes sind P+R-Anlagen nicht mehr zeitgemäß.

Immer mehr Fahrgäste kommen mit dem Rad zur Haltestelle und steigen dann um. Allerdings fehlen die passenden Abstellplätze für Fahrräder.
Elste: Wir brauchen ein besseres Bike-and-ride-System. Dafür könnte zum Beispiel die Zuständigkeit für Abstellflächen im Haltestellenumfeld von den Bezirken auf P+R-Gesellschaft übertragen werden. Es müssen ansprechende Stellflächen geschaffen werden, die zum Teil überdacht sind. Auch abschließbare Parkboxen für die Fahrräder müssten eingerichtet werden. Außerdem sind auch Fahrradparkhäuser wie in anderen Städten denkbar, die dann auch Serviceleistungen wie Reparatur des Fahrrades anbieten werden.

Die U4 wird bis zu den Elbbrücken verlängert. Wird damit der viel diskutierte Sprung über die Elbe eingeläutet?
Elste: Damit werden auf jeden Fall die Voraussetzungen für einen Sprung über die Elbe und die Perspektive für eine Verlängerung bis nach Harburg geschaffen. Nur wenn sich die Elbinsel durch starken Wohnungsbau weiterentwickelt, wird auch der Sprung über die Elbe mit der U4 zu realisieren sein. Aber das entscheidet im Endeffekt die Politik, wobei dort positive Signale zu vernehmen sind.