Am ersten von 40 angesetzten Verhandlungstagen des Mammutprozesses erklärt die Verteidigung, eine andere Kammer sei zuständig

Neustadt. Name, Alter, Beruf, Wohnort – mehr ist dem einstigen Vorstandschef der HSH Nordbank nicht zu entlocken. Dirk Jens Nonnenmacher (Spitzname Dr. No) schweigt zu den Vorwürfen, so wie auch seine fünf Ex-Kollegen vom Vorstand. Immerhin wollen Nonnenmacher, Hartmut Strauß und Joachim Friedrich an einem späteren Prozesstag Angaben zur Person machen, und Hans Berger will sich zum Untreuevorwurf der Staatsanwaltschaft sogar einlassen. Aber zum Auftakt am Mittwoch schlägt erst einmal die Stunde der Verteidiger.

Der Vorsitzende Richter Tully gilt als Spezialist für komplexe Verfahren

Es ist ein Mammutverfahren, das die Große Strafkammer 8 des Landgerichts zu bewältigen hat. Die komplizierten Hintergründe und Abläufe des Kreditgeschäfts Omega 55 aufzuklären ist das eine. Sechs Angeklagte, die mit elf handverlesenen Verteidigern ihre Unschuld darlegen wollen, das andere.

40 Verhandlungstage sind anberaumt – vorerst. Wie sich der Prozess entwickeln könnte, darauf gibt der Auftakt einen Vorgeschmack. Er läuft erst ein paar Minuten, als Gaby Münchhalffen – sie vertritt Bernhard Visker – den ersten Antrag stellt: Vermeintlich wertende Passagen der Anklageschrift dürften nicht verlesen werden, fordert sie. „Damit schießen Sie sich doch selber durch die Brust ins Auge“, sagt der Vorsitzende Richter Marc Tully. Schließlich hätten er und zwei weitere Berufsrichter die Anklage bereits zugelassen. Ihr Antrag wird abgelehnt.

Tully gilt als Spezialist für komplexe Wirtschaftsstrafverfahren. Der 45-Jährige hat bereits eine ganze Reihe von Mammutverhandlungen geleitet. 2008 hat er Burim und Bashkim Osmani hinter Gitter geschickt, vor einem Jahr hat er entschieden, dass der einstige Börsenstar und Stadtplan-Erbe Alexander Falk sein von der Staatsanwaltschaft eingefrorenes Millionenvermögen doch nicht an den Staat abtreten muss. Markenzeichen des Juristen: messerscharfe Analyse, souveräne Verhandlungsführung, subtile Ironie. Die blitzt etwa nach dem Antrag von Professor Norbert Gatzweiler, Anwalt von Peter Rieck, auf. Eine Stunde hat Gatzweiler vorgetragen, dass Tullys Kammer den HSH-Fall nach dem am Landgericht üblichen Verteilungssystem gar nicht hätte bekommen dürfen. Tully: „So eine Besetzungsrüge kann man auch außerhalb der Hauptverhandlung stellen, das bedeutet eine gewisse zeitliche Straffung.“

Die Bank könnte bei einer Verurteilung der Ex-Manager Schadenersatz fordern

Einer der größten Wirtschaftsprozesse in der deutschen Nachkriegsgeschichte wird von vielen Seiten genau beobachtet – neben der Stadt Hamburg vor allem von der Bank. „Wir haben ein ureigenes Interesse an der vollständigen Aufklärung“, sagt HSH-Sprecher Rune Hoffmann. Sollte die Vorstandsriege wegen besonders schwerer Untreue verurteilt werden, seien Schadenersatzansprüche zu prüfen.

Unterdessen kritisiert die FDP, dass die HSH Nordbank noch 210 Mitarbeiter im Auslandsgeschäft beschäftigt. Dies geht aus der Antwort auf eine Kleine Senatsanfrage des Bürgerschaftsabgeordneten Thomas-Sönke Kluth (FDP) hervor. Es gebe noch viele Tochterunternehmen im Ausland, allein drei im Steuerparadies Cayman Islands. Vor dem Hintergrund, dass sie sich als regionale Mittelstandsbank positionieren wolle, stelle sich „die schlichte Frage, was eine staatliche Bank der Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein dort zu suchen hat. Die FDP-Bürgerschaftsfraktion fordert daher, dass sich die HSH Nordbank so schnell wie möglich von diesen Beteiligungen trennt und die Fortführung der ausländischen Niederlassungen mit eigenen Banklizenzen überprüft“, so Kluth. Für die Nordbank ist der Vorwurf unverständlich. Die Bank sei in internationalen Geschäftsfeldern wie Shipping oder Energy tätig, zudem sei der Abbau der ausländischen Beteiligungen weiter im vollen Gange, so Hoffmann.