Verschmelzung von Max Bahr und Praktiker war ein Fehler, der korrigiert werden muss

Es wirkt wie eine bittere Ironie der Geschichte: Als der ehemalige Eigentümer von Max Bahr, Peter Möhrle, die Hamburger Baumarktkette an den Konkurrenten Praktiker verkaufte, da wollte er vor allem die Existenz seines Lebenswerks sichern. Allein, so die Einschätzung des Unternehmers, sei die vor allem in Norddeutschland vertretene Kette mit ihren 78 Märkten kaum überlebensfähig. Zu übermächtig erschienen die großen Wettbewerber Obi oder Hornbach. Als sich der honorige Kaufmann, der auch mal Präses der Hamburger Handelskammer war, dann von seinen Mitarbeitern verabschiedete, wähnte er sie alle in sicheren Händen.

Selten hat sich ein Unternehmer so getäuscht. Denn tatsächlich wurde vor rund sechs Jahren ein grundsolides Hamburger Traditionsunternehmen mit einer schon damals mit eher zweifelhaften Mitteln operierenden Kette verschmolzen. Während Max Bahr nur auf eigenen Flächen expandierte und stets auf auskömmliche Margen achtete, trieb die börsennotierte Praktiker AG ihr internationales Wachstum aggressiv voran und setzte auf eine Rabattstrategie („20 Prozent auf alles – außer Tiernahrung“), die zwar hohe Umsätze aber kaum ausreichende Gewinne ermöglichte. Über Jahre erzog der Konzern seine Kunden praktisch dazu, Bohrmaschinen, Nägel, Fliesen oder Sägen nur dann einzukaufen, wenn gerade eine Aktionswoche lief.

Diese verfehlte Strategie war es letztlich, die nun zum Insolvenzantrag der Muttergesellschaft führte. Denn so sehr sich Praktiker in den vergangenen Jahren auch mühte, von der Droge der 20-Prozent-Aktionen herunterzukommen, letztlich griffen die Verantwortlichen immer wieder auf die Preisnachlässe, um für flüssige Mittel zu sorgen. Zuletzt verfiel auch der aktuelle Vorstandschef Armin Burger noch auf einen „Sommerschlussverkauf“ mit Rabatten von bis zu 70 Prozent – obwohl es der Discountprofi und einstige Aldi-Manager eigentlich besser wusste.

Zu der falschen Strategie kam bei Praktiker ein beispielloses Führungschaos hinzu. Fast im Monatstakt wechselten im vergangenen Jahr die Vorstandschefs und Sanierungspläne bis nicht nur Aktionäre und Mitarbeiter, sondern auch die Kunden das Vertrauen in das Unternehmen verloren hatten.

Im Hauruck-Verfahren verlegte der eher hemdsärmlig agierende Sanierungsprofi Thomas Fox die Praktiker-Zentrale vom saarländischen Kirkel nach Hamburg, nur um kurz darauf im Streit mit Großaktionären und Aufsichtsrat seinen Hut zu nehmen. Die später eingeleitete Umstellung zahlreicher Praktiker-Märkte auf das serviceorientierte Konzept von Max Bahr war zwar im Prinzip richtig, kam aber zu spät und war zu kostspielig, um den Konzern als Ganzen vor dem Ruin zu bewahren. Zu groß war der zuvor aufgehäufte Schuldenberg.

Das jetzt eingeleitete Insolvenzverfahren kann die Chance für einen Neuanfang sein – vor allem für Max Bahr. Weil die Situation bei der Tochtergesellschaft bei Weitem nicht so dramatisch ist wie bei der Mutter, bleibt die Marke zumindest vorläufig von der Insolvenz verschont. Das Konzept, den Kunden mit individueller Beratung und einem möglichst breiten Sortiment an sich zu binden, ist grundsätzlich Erfolg versprechend. Das zeigen auch die Zahlen in den umgestellten Praktiker-Märkten.

So bitter und vielleicht auch zynisch es für manch einen der Beschäftigten klingen mag: Ohne Praktiker ist die Hamburger Tochtergesellschaft besser dran. Wenn sich Max Bahr auf die alten, soliden Tugenden besinnt und sich ein Investor findet, der diese Strategie unterstützt, dann hat die Kette, die mittlerweile aus 132 Baumärkten besteht, auch im harten Baumarktgeschäft eine Überlebenschance. Praktiker aber hat seine Chance gehabt – und verspielt.