Experten: Textilmarkt in Afrika wird von deutschen Kleiderspenden nicht zerstört. Das sei ein Mythos

Hamburg. Seit Jahren hält sich hierzulande die Kritik, dass Altkleiderspenden aus Deutschland die Textilindustrie in Afrika zerstören würde. Diese These hat seit den 1990er-Jahren Bestand, gilt aber mittlerweile als überholt: „Wir teilen diese pauschale Kritik am Exportgeschäft nach Afrika nicht“, sagt Thomas Ahlmann vom Dachverband FairWertung, der sich mit den kritischen Fragen des Altkleiderhandels auseinandersetzt.

Nachdem das internationale Textilabkommen 2005 weggefallen war, das dem asiatischen Markt unbeschränkte Exporte nach Afrika erlaubte, sind weite Teile des afrikanischen Textilmarktes nicht mehr konkurrenzfähig. Es mangelt an Fachwissen und an infrastrukturellen Bedingungen, um mit den asiatischen Textilriesen mithalten zu können. Die Nachfrage nach Secondhandware ist in Afrika aber weiterhin ungebrochen. Schätzungen zufolge tragen rund zwei Drittel der Afrikaner Kleidung von Secondhandmärkten. Ein Großteil der dort verkauften Ware stammt aus Kleiderspenden aus Europa, auch aus Hamburg. „Viele Menschen in Afrika sind auf Secondhandware angewiesen, um sich qualitativ hochwertig zu kleiden oder auch um ihr Einkommen zu erzielen“, sagt Ahlmann.

So gibt es in Afrika eine sehr lange Wertschöpfungskette, die wirtschaftlich von den Kleiderspenden profitiert – vom Importeur über den Fahrer bis zum Entlader der Ware, die schließlich beim Händler landet. Dort wird die Kleidung weiterverarbeitet. Kleidung aus Deutschland muss zum Bespiel angepasst werden, aber auch völlig neue, auf den afrikanischen Markt zugeschnittene Kleidung entsteht. So wird zum Beispiel aus Frottee-Handtücher Babykleidung gefertigt, die in Afrika enorm gefragt ist.