Polizei geht offenbar nicht mehr von sexuellem Hintergrund aus. Was in den sechs Tagen der Klassenreise im Jugenderholungsheim Puant Klent genau dazu geführt hat, dass es zu den Vorwürfen kam, ist unklar.

Sinstorf. Die Vorwürfe gegen einen Lehrer des Gymnasiums in Sinstorf sind offenbar entkräftet worden. Mehrere Eltern von Kindern, die mit dem Mann auf einer Klassenreise waren, hatten gegen ihn Anzeige wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs erstattet. Das Landeskriminalamt hatte den Fall übernommen, die Schulbehörde den Lehrer sofort beurlaubt. Offiziell gibt es zwar keine Stellungnahme zu dem Verfahren. Wie das Abendblatt erfuhr, haben aber Vernehmungen ergeben, dass es zwar „Berührungen“ gegeben hatte. Die hätten aber keinen sexuellen Hintergrund und somit im Sinne des Vorwurfs keine strafrechtliche Relevanz.

Eltern hatten unmittelbar nach der Rückkehr der Klasse von Sylt noch am Bahnhof Altona Anzeige erstattet. Ihre Kinder hatten, so die Aussagen, geweint, nachdem sie aus dem Zug gestiegen waren. Eine Mutter berichtete, dass ihre Forderung nach sofortiger Aufklärung der Situation abgeblockt worden seien. Dafür gab es von den Kindern die Behauptungen, dass Jungen gezielt unsittlich berührt wurden.

Was in den sechs Tagen der Klassenreise im Jugenderholungsheim Puant Klent genau dazu geführt hat, dass es zu den Vorwürfen kam, ist unklar. Schüler berichteten, dass gerade unter den Jungen ein Klima der Angst geherrscht habe. Es war die Rede davon, dass die Kinder Angst hatten einzuschlafen oder nicht mehr in ihren Zimmern übernachten wollten.

Ermittler der Fachdienststelle für Sexualdelikte hatten mehrere Tage die Befragungen durchgeführt. Der Lehrer selbst wurde zunächst nicht vernommen. Ihm soll ebenfalls rechtliches Gehör angeboten werden.

Oberstaatsanwältin Nana Frombach, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hamburg, nahm keine Stellung zum Stand der Ermittlungen. „Erst müssen alle infrage kommenden Zeugen vernommen worden sein. Anschließend werden die Vernehmungsprotokolle ausgewertet.“ Erst danach werde sich entscheiden, wie die Staatsanwaltschaft in dem Fall weiter verfahre.

„Kinder haben heute nicht mehr die emotionale Bindung zu Lehrern. Sie sind auch nicht unbedingt Vertrauensperson und schon gar nicht Ersatz für Eltern“, sagt der Kriminologe Wolf-Reinhard Kemper an der Leuphana Universität Lüneburg. „Was Kinder betroffen machen kann, ist die Verletzung der persönlichen Distanz. Kinder nehmen Situationen anders wahr als Erwachsene. Das passiert gerade, wenn man sich sehr nahe an einem Tabu bewegt.“ Lehrer sollten sich daher nicht anmaßen, eine gewisse Distanz zu durchbrechen. Das könne von Kindern falsch aufgenommen werden. Kemper: „Kinder sind in einer brisanten Situation auch eher bereit, mit anderen Kindern über ihre Wahrnehmung der Dinge zu sprechen.“ Das wiederum könne zu einer kollektiven Betroffenheit führen. Ob das bei der Klassenreise nach Sylt eine Rolle spielte, ist unklar.