Beim Asia-Imbiss Mai-Mai an der Mönckebergstraße gehen 400 Nudelboxen am Tag über den Tresen. Auch die Kette Ciaobella ist auf Expansionskurs.

Hamburg. Es zischt und dampft. Hinter dem Tresen rühren drei Köche im heißen Wok Sojasprossen, Möhren und Lauch. Der Duft von Zitronengras, Ingwer und Thai-Basilium zieht auf die Straße. Vor dem Asia-Imbiss Mai-Mai zwischen Mönckebergstraße und Spitalerstraße stehen die Kunden Schlange. Nicht nur zur Mittagszeit. Bratnudeln mit frischem Gemüse gibt es, mit Hühnchenfleisch oder Frühlingsrollen – alles in der praktischen Pappschachtel. Fünf verschiedene Boxen-Varianten sind im Angebot, die günstigste für 2,50 Euro. „Das hat sich zu unserem Kerngeschäft entwickelt“, sagt Firmengründer Duonc Do Dai. Im Schnitt 400 Nudelboxen gehen am Tag über den Tresen. Man kann auch sauer-scharfe Suppe oder Ente Curry-Kokos bekommen, natürlich ebenfalls „to go“.

Immer mehr Menschen entscheiden sich beim schnellen Hunger unterwegs für das Essen aus der Schachtel. Allein Mai-Mai gibt es neunmal in Hamburg. Außerdem ist die Franchise-Kette mit der südvietnamesischen Neujahrsblume im Namen in fast allen größeren Städten Norddeutschlands vertreten. „In den vergangenen zwei Jahren ist Nachfrage rasant gestiegen. Wir suchen ständig neue Standorte“, sagt Do Dai, der Ende der 80er-Jahre als Gastarbeiter aus Hanoi nach Leipzig gekommen war. Vor sieben Jahren eröffnete der 45-Jährige seinen ersten Mai-Mai-Imbiss im Nedderfeld-Center, inzwischen macht er einen Umsatz von etwa vier Millionen Euro im Jahr. Ganz ähnlich positioniert sind Anbieter wie Asiahung, AsiaQuick, der Hamburger Pionier Bok oder die Bio-Kette Waku-Waku. Und das sind nur die Filialbetriebe. Was in der Tradition asiatischer Garküchen begann, ist fester Bestandteil Hamburger Esskultur. Mehr noch: Andere Gastro-Betriebe haben das Konzept für sich entdeckt. Es gibt Döner in der Box, Chili con Carne, Tapas oder Milchreis. Street Food boomt.

Gleich neben dem Mai-Mai in der Innenstadt bietet die Imbiss-Kette Ciaobella Pasta „to go“. „Wir haben das in der Nähe Mailands zum ersten Mal gesehen und waren sofort überzeugt von dem Konzept“, sagt Navid Saidolzakerin, der das Unternehmen gemeinsam mit seinem Bruder Omid betreibt. 2007 rüsteten die Hamburger mit persischen Wurzeln ihren ersten Shop in der Europa Passage auf Street Food um. Die Nudel-Boxen sind ab 4,60 Euro zu haben, Penne Lachs, Bolognese oder Spinat Gorgonzola. Außerdem im Angebot: frisch gebackene Pizzastücke, handheld heißt das in der Fachsprache. Für Menschen, die es nicht ganz so eilig haben, gibt es auch noch Sitzplätze.

„Es läuft gut“, sagt der 30-Jährige. „Die Nachfrage nach schnellem günstigem Essen, das aber trotzdem frisch ist, wächst.“ An fünf Stellen sind die Brüder inzwischen in Hamburg vertreten. Im Juli eröffnet der erste Franchise-Shop in Kiel, weitere sind in Frankfurt, Stuttgart und Berlin geplant. „In den nächsten sechs Jahren wollen wir gemeinsam mit einem Partner 50 neue Standorte eröffnen“, sagt Saidolzakerin.

Das Signalwort heißt „to go“. Am Anfang war es der Kaffee, inzwischen kann man nahezu alles auch für unterwegs bekommen. Das passt zum Leben moderner Großstädter, die oft genug von morgens bis abends von Termin zu Termin hetzen. „Man isst, wo man ist“, sagt Gretel Weiß, Chefredakteurin des Fachblatts „food-service“. Dafür brauche der Verbraucher neue Lösungen: solche, die transportabel sind und unkompliziert. Außerdem abwechslungsreich. Die Imbiss-Kultur früherer Zeiten mit Currywurst, Pommes frites, Hähnchen, Sandwich und Hamburgern hat sich überholt. Es muss auch längst nicht mehr vor allem billig sei. In Wien bietet die Feinkost-Kette Do&Co unter dem Markennamen „Henry“ Antipasti und Canapés in der Mitnahmeschachtel als Gourmet „to go“.

„Insgesamt gehört der Bereich zu den wachstumsstärksten Segmenten in der deutschen Gastronomie“, sagt Branchenkennerin Weiß. Im vergangenen Jahr lag der Zugewinn nach einer Analyse von „food-service“ bei drei Prozent. Auch für die nahe Zukunft sehen die Unternehmen für Take-away-Produkte die höchsten Steigerungschancen. Das knappe Zeitbudget in vielen Haushalten, kurze Mittagspausen und die sinkende Kochlust junger Menschen befördert die Entwicklung. Jeder Dritte unter 25 Jahren isst dreimal in der Woche etwas, wenn er unterwegs ist. Inzwischen ist der Lebenshändler Rewe in den Wettbewerb um den Zukunftsmarkt eingestiegen. „Rewe to go“ heißen die beiden Testmärkte in Köln und Düsseldorf. Angeboten werden ausschließlich Produkte für den sofortigen Verzehr, wie fertige Salate, portioniertes Obst oder Sushi. Auch Hamburg ist im Visier des Konzerns. Allerdings gebe derzeit keine geeigneten Standorte, so Firmensprecher Raimund Esser.

Natürlich gibt es auch eine Kehrseite. „Der klassische Mittagstisch stirbt aus“, sagt Gregor Maihöfer vom Dehoga Hamburg. Genaue Zahlen, wie viele Unternehmen Essen „to go“ in Hamburg anbieten, gibt es nicht. Aber klar ist, dass auch an der Elbe die Zahl steigt. Vor allem in Einkaufsstraßen, in Shoppingcentern und in den Bahnhöfen ist die neue Imbiss-Kultur zu finden.

„Es ist schnell und günstig“, sagt Dursun Cakmak. Der Saturn-Mitarbeiter hat sich für die Mittagspause beim Asia-Imbiss Mai-Mai eine Box mit Bratnudeln geholt. „Und es ist gesünder als die meisten anderen Fast-Food-Angebote“, sagt seine Freundin Sarah Holst. Auch Judith Schibrath löffelt ihre Nudeln aus einer Pappschachtel. Für die Husumerin ist es eine Premiere. „Bei uns in Nordfriesland gibt es so was noch nicht“, sagt sie. Praktisch ist es auch. Die Freundin, mit der sie auf Hamburg-Besuch ist, wollte lieber Italienisch essen – und hat sich für die Pasta-Box der Imbiss Ciaobella nebenan entschieden.