Von 175 Parkstühlen gibt es nur noch 50. Nächste Woche kehren sie nach aufwendigen Reparaturen zurück. Gefahr durch Vandalismus und Witterung.

Hamburg. Sie gehören seit 60 Jahren zum Stadtbild und sind von einem Spaziergang am westlichen Alsterufer ebenso wenig wegzudenken wie die Alsterdampfer und die Schwäne am Ufer - die weißen Holzstühle auf der Wiese am Harvestehuder Weg. Alsterstuhl, Hummelstuhl oder Hamburger Parksessel werden sie genannt. 1953, während der Internationalen Gartenausstellung, wurden die ersten der mittlerweile zu Hamburgensien gewordenen Sitzgelegenheiten in den Parks der Stadt aufgestellt: außer auf den Alsterwiesen auch im Jenischpark, im Stadtpark und bei Planten un Blomen.

Während sie bislang teilweise schon Ende März aufgestellt wurden, mussten die Alsterbesucher in diesem Jahr bisher ohne ihre Parksessel auskommen. Erst kommende Woche werden sie aufgebaut; Schuld an der Verspätung sind das langanhaltende schlechte Frühlingswetter und die Reparaturen, die länger als erwartet gedauert hatten. "Wir mussten eine neue Firma dafür suchen und haben erst im April eine gefunden", sagt Aileen Röpcke vom Bezirksamt Eimsbüttel, das für das Alstervorland zuständig ist.

In wenigen Tagen also werden die gemütlichen Sessel mit den Strahlen-Lehnen wieder britisches Flair ins Alstervorland bringen. Sie werden Alsterbesuchern die Möglichkeit bieten, hier die Seele baumeln zu lassen, ein Sonnenbad zu nehmen und dem Treiben auf und an der Alster zuzusehen. So vielen wie früher wird das allerdings nicht vergönnt sein. Von den einst 175 Parksesseln gibt es nämlich nur noch 50. Durch Vandalismus und Witterung ist ihre Zahl beständig geschrumpft. Hin und wieder wurden welche ersetzt, doch das ist schon lange nicht mehr drin. "Neuanschaffungen können wir aus dem laufenden Haushalt leider nicht finanzieren", sagt Aileen Röpcke. Schon so müsse der Bezirk jährlich 8000 Euro für Reparaturarbeiten zahlen - hinzu kämen die Aufwendungen für das Aufstellen, Abräumen und Einlagern der Sessel.

Seit Ende der 1980er-Jahre werden pro Saison 30 bis 50 Alsterstühle zerstört. Besonders schlimm war es 1994: Knapp zwei Monate nachdem 110 Sessel an der Alster aufgestellt worden waren, waren 45 von ihnen verfeuert, zerschlagen, zertreten oder geklaut worden. Um weiteren Schaden zu vermeiden, kassierte das Bezirksamt die restlichen Ende Mai ein und schloss sie weg. Doch zur Vernunft wurde damit niemand gebracht. Im darauffolgenden Jahr wurden 70 Alsterstühle aufgebaut, schon zwei Wochen später waren die ersten fünf demoliert.

Ende der Saison 1996 waren nur noch sechs von 35 Parksesseln intakt. Das Bezirksamt zog die Reißleine: Fortan sollten zerstörte Stühle nicht mehr ersetzt, sondern nur - falls überhaupt möglich - von den damals dafür eingesetzten Strafgefangenen der Haftanstalt Neuengamme repariert werden. Die Kosten für einen Alsterstuhl betrugen zu der Zeit 800 Mark, Neubauten konnte und wollte das Gartenbauamt nicht mehr finanzieren. Dass es trotzdem neue Alsterstühle gab, war einer Sponsoring-Aktion zur Gestaltung des öffentlichen Grüns zu verdanken. Die Holsten-Brauerei erklärte sich bereit, 30 neue Sessel bauen zu lassen. 1999 spendete sie weitere 50, teils publicitywirksam mit Boot oder Bierkutsche transportiert.

Seitdem gab es keine neuen Alsterstühle mehr. Pro Stück würden sie heute 650 Euro kosten - doch auch wenn das Bezirksamt Geld dafür hätte, wären Neuanschaffungen schwierig. "Uns ist zur Zeit kein Hersteller des Originals auf dem Markt bekannt", sagt Aileen Röpcke. Würden andere Stühle auf dem Alstervorland platziert, wären Lizenzgebühren fällig.

Das Reparieren und Lackieren der 20 bis 25 Kilogramm schweren Sessel (je nachdem, ob sie aus Nadelholz oder Eiche sind) schlägt mit 110 bis 250 Euro pro Stück zu Buche; diese Arbeiten übernimmt inzwischen die Jugendvollzugsanstalt Glasmoor.

Über eine neue Patenschaftsaktion denkt man im Bezirksamt zurzeit nicht nach. "Jeder Bürger kann sich aber mit einer Spende an uns wenden", sagt Aileen Röpcke. Damit zumindest der Bestand erhalten werden kann.

Die Instandsetzung der Alsterstühle ist nur ein kleiner Teil der Sanierungsmaßnahmen, mit denen der Bezirk das Alstervorland als Juwel unter Hamburgs Grünanlagen erhält. Nachdem in den vergangenen Jahren die südlichen Flächen saniert wurden, ist jetzt der Norden dran. Dort will man die Oberfläche der Wege aufbereiten und die Wiesen entwässern. Zudem sind die Mauern marode, die zur Gartenschau 1953 zwischen Fährdamm und Milchstraße angelegt wurden.

Mit der Eröffnung der Schau am 1. Mai 1953 wurde übrigens damals das Alstervorland der Öffentlichkeit übergeben. Bis Anfang der 1950er-Jahre hatten die Flächen zu den Villen am Harvestehuder Weg gehört, dann setzte SPD-Bürgermeister Max Brauer ihre vollständige Enteignung durch. Die Sicherung des Alstervorlands für die Öffentlichkeit wurde bereits 1906 in einem Bebauungsplan festgeschrieben. Der konnte jedoch erst nach dem Zweiten Weltkrieg umgesetzt werden.