Hamburger Fabrik für Röntgengeräte betroffen. Konzern will aber bis Ende 2015 eine neue Zentrale errichten.

Hamburg. Für die Philips-Mitarbeiter in Hamburg gehören Veränderungen fast schon zur Routine. Meldungen über Stellenstreichungen, Umzüge, Chefwechsel und über den Verkauf von Unternehmensteilen sind für sie genauso Arbeitsalltag wie für andere Arbeitnehmer der Gang in die Kantine. Auch momentan ist der Abbau von Stellen in vollem Gange. Gut 50 Mitarbeiter der Philips-Fabrik für Röntgengeräte in Fuhlsbüttel sind von einem Sparprogramm betroffen und arbeiten nicht länger für den Konzern mit Zentrale in den Niederlanden. Ein Philips-Mitarbeiter bestätigte dem Abendblatt auf Anfrage, dass die Mehrzahl der Beschäftigten bereits aus dem Unternehmen ausgeschieden sei. Aus dem Umfeld der Firma war zudem zu hören, dass zusammen mit Werkverträgen und Leiharbeitnehmern sowie bei Dienstleistern sogar mehr als 100 Menschen von dem Abbau betroffen seien.

Als wäre dies nicht schon Unruhe genug im Unternehmen, wird ein Teil der Lifestyle-Sparte, die Audiogeräte wie HiFi-Anlagen, Kopfhörer, Lautsprecher oder Dockingstationen für Smartphones herstellt, verkauft. Außerdem zieht die Verwaltung mit ihren gut 2000 Mitarbeitern vom Lübeckertordamm an den Produktionsstandort in der Nähe des Flughafens.

Alle diese Veränderungen werden von einer neuen Führung begleitet: Seit dem 1. April steht Carla Kriwet an der Spitze der Hamburger Zentrale für Österreich, die Schweiz und Deutschland, dem nach den USA und China drittwichtigsten Markt für Philips.

Die 41-jährige promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin ist Nachfolgerin von Interimsmanager Ronald de Jong, der nach dem überraschenden Abgang des langjährigen Philips-Deutschland-Chefs Andreas Wente nur für kurze Zeit das Ruder in Hamburg in der Hand hatte. Carla Kriwet übernimmt die Verantwortung für einen Konzern, der dabei ist, sich neu zu erfinden: Schon vor längerer Zeit hat das Unternehmen die Lust an der TV-Sparte verloren, nun soll auch der Audiobereich wegfallen. Zudem ist Philips zwar weltweiter Marktführer in Sachen Beleuchtung. Der Pionier, der schon im 19. Jahrhundert Kohlefadenlampen produzierte, erhellt heute Stadien, Wohnzimmer und ganze Städte rund um den Erdball. Aber dieser Bereich ist durch die vielen Innovationen, die hier mit der LED-Technologie und anderen Energiesparlampen in den Markt eingeführt werden, auch sehr kostenintensiv.

Der Konzern ist auf dem Weg, sich von seiner Strategie des Gemischtwarenladens zu verabschieden und auf Kernbereiche zu schrumpfen. Von dem breiten Sortiment, das von Rasierern, elektrischen Zahnbürsten, Küchenmaschinen, Lampen über Unterhaltungselektronik bis zu Ultraschallgeräten für Krankenhäuser reicht, sollen nur die stärksten Produktbereiche überleben.

Philips plant dabei, die Unterhaltungselektronik mit Audiogeräten schrittweise an den japanischen Elektronikkonzern Funai abzugeben. Die Marke Philips wird dabei bestehen bleiben. Aber für die Hamburger Mitarbeiter im Vertrieb und im Marketing für diese Produkte könnten sich dadurch Änderungen ergeben, sie werden einen neuen Arbeitgeber haben. Zu Details über dieses Thema wollte sich das Unternehmen aber nicht weiter äußern.

Nicht ganz ohne Herausforderungen leben auch die verbleibenden Mitarbeiter in der Medizintechnik in Hamburg: Die rund 1000 Beschäftigten fertigen Röntgengeräte für Krankenhäuser und Radiologiepraxen auf der ganzen Welt. Doch die Nachfrage insbesondere aus China und den USA verlief zuletzt enttäuschend. Dazu kommt, dass die einfachen Röntgengeräte längst schon in Billiglohnländern wie Brasilien hergestellt werden, weil sich die Fertigung in Hamburg nicht mehr lohnen soll.

Auch wenn die Produktion der Medizintechnik in der Hansestadt nicht gerade leichte Zeiten durchmacht, der Standort wird ausgebaut: Bis Ende 2015 will Philips auf dem firmeneigenen Gelände ein neues Hauptgebäude sowie einen Campus mit attraktiven Arbeitsumfeldern und moderner Infrastruktur für die insgesamt knapp 2500 Mitarbeiter in Verwaltung und Produktion in der Hansestadt bauen. Der Standort hat Tradition und ist als Forschungs- und Hightech-Schmiede eng mit Hamburg verbunden. Seit rund 85 Jahren schreibt Philips in der Röntgenstraße die Geschichte der Medizintechnik mit, die Firma begründete hier zugleich die Geburtsstunde von Philips Healthcare - einer Geschäftssparte, die inzwischen für etwa 40 Prozent des Gesamtumsatzes von Philips steht.

Durch die Zusammenführung der Verwaltung und der Produktion sollen Kommunikationswege verkürzt und die Zusammenarbeit zwischen Bereichen wie Forschung und Entwicklung, Marketing und Vertrieb erleichtert werden. Das Ziel ist es, Innovationen schneller auf den Markt zu bringen, übrigens eine Strategie, die sich Philips auch im Rahmen des kürzlich von Vorstandschef Frans van Houten vorgestellten Effizienzprogramms auf die Fahnen geschrieben hat.

Mit diesem Sparkurs sollen aber auch weltweit 6700 Jobs der insgesamt 120.000 Stellen bei Philips wegfallen. Ein Sprecher des Konzerns sagt indes, dass der Abbau von Arbeitsplätzen mit dem aktuellen Programm in der Medizintechnik in Hamburg auf absehbare Zeit abgeschlossen sei.