Ex-SPD-Sprecher

Entscheidung über Prozess gegen Ciftlik am Donnerstag

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Julia Ranniko

Wie geht es weiter mit dem Prozess gegen Ex-SPD-Sprecher Bülent Ciftlik? Mit Spannung wird die Entscheidung des Hamburger Gerichts über den Fortgang des Verfahrens erwartet. Geht alles von vorne los?

Hamburg. Der seit mehr als einem Jahr laufende Prozess gegen den früheren Hamburger SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Bülent Ciftlik ist erneut verschoben worden. Jetzt will das Landgericht aller Voraussicht nach an diesem Donnerstag entscheiden, ob das Verfahren neu aufgerollt werden muss. Das teilte eine Gerichtssprecherin am Montag mit. Der Angeklagte sitzt seit Mitte März wegen eines angeblichen Autounfalls in Indien fest. Ein Strafprozess in Deutschland darf aber nur bis zu vier Wochen unterbrochen werden.

Die Verteidigung hält die Fortsetzung des Verfahrens für rechtswidrig, weil wichtige Fristen überschritten seien. Die Anwälte haben nun einen Befangenheitsantrag gegen das Gericht gestellt. Wann darüber entschieden wird, konnte die Gerichtssprecherin zunächst nicht sagen.

Bereits am letzten Verhandlungstag, Anfang Mai, war mit einer Entscheidung des Gerichts über den Fortgang des Prozesses gerechnet worden – doch sie wurde vertagt. Der Vorsitzende Richter Rüdiger Göbel kündigte stattdessen ein Rechtshilfeersuchen an die indischen Behörden an, um die Hintergründe des angeblichen Unfalls zu klären. Wie lange sich die Untersuchung hinziehen könnte, blieb unklar.

Weil die Behörden Ciftliks Pass beschlagnahmt haben, kann er das Land nicht verlassen. Bei der Entscheidung über den Prozessfortgang ist die Frage zentral, ob die Richter das Fehlen des Angeklagten als eigenmächtig – also selbst verschuldet – ansehen oder nicht.

Nach Ansicht von Ciftliks Anwältin Gabriele Heinecke muss der Prozess wiederholt werden. „Die Sache ist kaputt“, hatte sie Anfang Mai erklärt. Bei dem angeblichen Autounfall gehe es um „Abzocke von Ausländern“. Auch in einer E-Mail einer Verbindungsbeamtin des Bundeskriminalamtes in Indien heißt es, in dem Land gebe es eine „Tradition der Käuflichkeit“, im Behördenapparat regiere oft Willkür.

Die Staatsanwaltschaft geht dagegen davon aus, dass Ciftlik dem Gerichtsverfahren eigenmächtig fernbleibt. Mit seiner Geschäftsreise nach Indien und der Teilnahme am dortigen Straßenverkehr habe er „ein erhöhtes Risiko gesetzt“, sagte Oberstaatsanwalt Michael Elsner. Wenn er dem vermeintlichen oder tatsächlichen Opfer das Geld zahle, könnte er seinen Pass zurückbekommen und aus Indien ausreisen. Heinecke kritisierte dies als völlig abwegig. Ciftlik könne sich nicht gegen Geld eines falschen Vorwurfs entledigen – außerdem sei nicht einmal nach einer Zahlung klar, dass er dann ausreisen dürfe.

Die Anklage wirft Ciftlik neun Straftaten vor, darunter Anstiftung zur Urkundenfälschung und zur Falschaussage. Die Verhandlung vor dem Landgericht wurde außerdem mit dem Berufungsprozess um die Vermittlung einer Scheinehe zusammengelegt. Der frühere Hoffnungsträger der Hamburger SPD war 2010 wegen Vermittlung einer Scheinehe vom Amtsgericht Hamburg-St. Georg zu einer Geldstrafe verurteilt und von der SPD aus Fraktion und Partei ausgeschlossen worden. Ciftlik hat bisher alle Vorwürfe zurückgewiesen.

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