Streit um Geld und Macht: Laut Urteil ist das Verhältnis der beiden Männer zerrüttet

Hamburg. Es ist der vorläufige Höhepunkt in einem erbittert geführten Familienzwist: Das Hamburger Landgericht hat die beiden gleichberechtigten Geschäftsführer des Tierparks Hagenbeck, Claus Hagenbeck und Joachim Weinlig-Hagenbeck, ihrer Posten enthoben. Richter Karsten Nevermann sagte, das Verhältnis der beiden Männer sei so zerrüttet, "dass an eine gedeihliche Zusammenarbeit nicht mehr zu denken ist".

Der Streit um die Führung des Zoos hatte schon lange geschwelt - und brach im März 2012 offen aus. Claus Hagenbeck kehrte nach acht Jahren Pause wieder auf den Chefposten zurück, den sein Schwiegersohn, der Biologe Stephan Hering-Hagenbeck, 2004 von ihm übernommen hatte. Seinem Kontrahenten Joachim Weinlig-Hagenbeck - er ist sein angeheirateter Neffe - warf der Seniorchef "unhanseatisches" und "nicht Hagenbeck-gemäßes" Verhalten vor.

Vorausgegangen war ein Streit um eine offene Rechnung der Stadt über zwei Millionen Euro, resultierend aus einem städtebaulichen Vertrag von 1996. Für Joachim Weinlig-Hagenbeck ein abgehaktes Kapitel, "weil die Forderung aus unserer Sicht nicht mehr besteht" - für Claus Hagenbeck dagegen eine Verpflichtung, der er als hanseatischer Kaufmann nachkommen will. Dieser Streit war der Auslöser, tatsächlich hatten jedoch zahlreiche Unstimmigkeiten im Vorfeld das Verhältnis der Tierparkchefs bereits nachhaltig beschädigt.

Richter Karsten Nevermann sprach am Freitag von "vielen Mosaiksteinen", die den Konflikt zugespitzt hätten. Als Beispiele nannte er den von Claus Hagenbeck gewählten Weg, seinen gleichberechtigten Partner über die Presse mit Vorwürfen zu konfrontieren. Gleichzeitig hielt er Joachim Weinlig-Hagenbeck vor, der Gegenseite wichtige Informationen vorenthalten zu haben.

Mit dem Gerichtsspruch eröffnen sich den zwei Noch-Geschäftsführern drei Möglichkeiten: Sie können das Urteil, das noch nicht rechtskräftig ist, annehmen und zwei neue Geschäftsführer berufen. Es wäre ein beispielloser Vorgang in der mehr als 100-jährigen Hagenbeck-Geschichte, denn dann würden vermutlich erstmals Menschen die Geschicke des Tierparks lenken, die nicht aus der Familie Hagenbeck stammen. Die zweite Option ist die Berufung. Dann würde der öffentlich ausgetragene Streit, der die Tierpark-Belegschaft seit langem in Unruhe versetzt, vor die nächste Instanz getragen, das Hanseatische Oberlandesgericht. Bleibt noch Möglichkeit Nummer drei: eine außergerichtliche Einigung. Diese hatte Richter Nevermann bereits vor einem halben Jahr favorisiert und vorhergesagt, dass eine Entscheidung des Gerichts alle Beteiligten "nicht glücklich machen" werde.

Tatsächlich laufen inzwischen wieder Gespräche zwischen den zerstrittenen Familienzweigen. Seniorchef Claus Hagenbeck wollte die Gerichtsentscheidung am Freitag nicht kommentieren. Der auf das kaufmännische Geschäft ausgerichtete Tierpark-Chef Joachim Weinlig-Hagenbeck sagte nur so viel: "Ich schließe mich dem Wunsch des Richters an, möchte die bereits begonnenen Gespräche weiterführen und die ganze Sache im Interesse des Tierparks und der Familie Hagenbeck zu einem positiven Ende bringen."

Beide Parteien haben nun einen Monat Zeit, das Urteil zu prüfen und zu überdenken. Bis Mitte Juni muss eine Entscheidung her, die dem Tierpark weitere Anspannung, zwei neue Chefs oder endlich Ruhe bringen wird.