Das Klonen menschlicher Stammzellen ist ethisch nicht akzeptabel

Der Schweizer Viktor Frankenstein, Romanheld aus dem Jahr 1818 und Vorlage des gleichnamigen Filmklassikers, ging noch etwas grob zu Werke: Er baute aus Leichenteilen einen künstlichen Menschen, der ein Ungeheuer wurde. Knapp 200 Jahre später weisen Zellbiologen aus dem US-Bundesstaat Oregon einen eleganteren Weg zu einem künstlich erschaffenen Menschen: das Klonen. Zwar wollen die Forscher die Vervielfältigung des Erbguts eines lebenden Menschen nur zu dessen Gunsten einsetzen, um ihn mit nachgezüchteten eigenen Körperzellen zu heilen. Doch theoretisch könnte das Verfahren womöglich tatsächlich Menschenklone hervorbringen.

Dieser Fakt führt dazu, dass die in Oregon herangewachsenen und dann abgetöteten Zellhaufen eine neue ethische Diskussion angestoßen haben. Die Kardinalfrage lautet: Ist es vertretbar, aus menschlichem Erbgut, das in eine Eizelle eingepflanzt wird, Embryonen herzustellen, die genetisch exakte Kopien des Erbgut-Spenders sind? Aus rein medizinischer Sicht ist die Frage zu bejahen. Denn aus den embryonalen Zellen lassen sich spezifische Körperzellen herstellen, aus denen etwa Nerven-, Leber- oder Herzgewebe wächst, das therapeutisch eingesetzt werden kann. Vorteil: Da das Gewebe mit dem des Patienten identisch ist, sind keine Abstoßreaktionen zu befürchten.

Hier kommt die Ethik ins Spiel. Zwar wurden die Labor-Klone nach sieben Tagen abgetötet. Aber niemand kann sagen, wie sich die Zellhaufen weiterentwickelt hätten, wenn sie aus der Kulturschale in eine Gebärmutter eingepflanzt worden wären. Experten wie der deutsche Stammzellforscher Oliver Brüstle wollen es zumindest theoretisch nicht ausschließen, dass daraus Föten und vielleicht sogar lebensfähige Säuglinge entstehen könnten. Dies ist die gruselige Kehrseite dieses zweifellos bemerkenswerten Ergebnisses der Grundlagenforschung.

Die Vergangenheit zeigt: Was machbar ist, wird auch gemacht. Als der deutsche Forscher Otto Hahn 1938 die Kernspaltung entdeckte, dauerte es nur wenige Jahre, bis dieser Durchbruch in der Physik in den Bau von Atombomben mündete - die erste, die zum Einsatz kam, tötete am 6. August 1945 mehr als 100.000 Einwohner der japanischen Stadt Hiroshima.

Trotz der verheerenden Folgen wurde die Nutzung der nuklearen Kettenreaktion als Waffe weiterentwickelt. Der Atomwaffensperrvertrag sollte deren Verbreitung auf die damaligen Atommächte USA, Russland, Frankreich, Großbritannien und China beschränken. Doch Staaten wie Nordkorea, Indien, Pakistan scherten aus, besitzen heute Atomwaffen.

Auch zum Klonen von Menschen gibt es Stimmen, die ein internationales Abkommen fordern, um diesem Irrweg der Wissenschaft einen Riegel vorzuschieben. Abgesehen davon, dass ein solches Abkommen nicht in Sicht ist: Was würde passieren, wenn Potentaten wie Nordkoreas Kim Jong-un auf die Idee kämen, sich ein jüngeres Abbild erschaffen zu lassen?

Noch wären zahlreiche Hürden zu nehmen - schließlich ist völlig unklar, ob tatsächlich ein menschlicher Klon heranwachsen würde. Aber allein diese Vorstellung muss dazu führen, dass die Kardinalfrage verneint wird: Es ist nicht vertretbar, aus menschlichem Erbgut für therapeutische Zwecke Embryonen herzustellen, die genetisch eine exakte Kopie des Patienten sind.

Aber hieße das nicht, Kranken einen vielversprechenden Therapieweg vorzuenthalten? Auch diese Frage lässt sich verneinen, denn es gibt zwei ethisch unbedenkliche Alternativmethoden, um Stammzellen für den medizinischen Einsatz zu gewinnen. Alle weiteren Forschungsanstrengungen auf diesem Gebiet sollten deshalb darauf ausgerichtet sein, diese beiden Methoden weiterzuentwickeln. Und das therapeutische Klonen auf das Abstellgleis zu schieben.