Hamburg. Für Sigurd Greinert ist eine rote Linie überschritten. Er sei nicht mehr sicher, ob sich die „Alternative für Deutschland“ (AfD) am Ende als eine Partei entpuppen werde, in die er „niemals eingetreten wäre“. Der Hamburger Politiker tritt mit sofortiger Wirkung aus der gerade erst vor zwei Monaten in Hamburg gegründeten Anti-Euro-Partei aus. Greinert war auch Kandidat für die Bundestagswahl im Herbst. Von seinem Listenplatz 5 zieht er sich ebenfalls zurück. In einem Schreiben an den Landesvorsitzenden Jörn Kruse, das dem Hamburger Abendblatt vorliegt, begründet Greinert seinen Austritt: „Ich kann eine Partei nicht länger unterstützen, die es zulässt, dass Mitglieder aus Parteien mit rechtspopulistischen Motiven unkontrolliert aufgenommen werden.“
Zuvor hatte das frühere FDP-Mitglied Greinert in einem Antrag an den Vorstand gefordert, Mitglieder und Förderer im Hinblick auf ihre Einstellung zu „Grundgesetz, Weltoffenheit und Ausländerfreundlichkeit“ zu überprüfen. Dies sollte nach Greinert für frühere Mitglieder der rechtspopulistischen Partei „Die Freiheit“ gelten, sobald sie neu in die „Alternative für Deutschland“ aufgenommen werden. Zudem seien Greinert „rechtspopulistische Äußerungen“ einzelner Mitglieder aufgefallen, die er erschreckend finde. Hamburger Parteimitglieder wie Jens Eckleben würden „von der Parteiführung ungehindert islamkritische oder andere meines Erachtens am rechten Rand fischende Blog-Einträge verfassen.“ In seinem Blog warnt Eckleben immer wieder vor einer Islamisierung Europas, auch mit provozierenden Videos oder Bildern.
Laut Greinert wurde der Antrag zur Überprüfung einzelner neuer Mitglieder und ihrer politischen Einstellungen vom Vorstand abgelehnt, aus „Zeitgründen und aus wahltaktischen Gründen“. In Telefonaten habe Greinert den Vorstand zudem überzeugen wollen, Anträge zur „Abgrenzung gegen rechts und für Toleranz“ auf dem Parteitag im Juni einzureichen. „Mir wurde jeweils mitgeteilt, dass solche Anträge keine Unterstützung des Vorstands bekommen würden.“
Der Vorstandssprecher des Landesverbands der AfD in Hamburg, Jörn Kruse, zeigte sich auf Nachfrage des Abendblatts überrascht von Greinerts Austritt aus der Partei. Er sehe in der „Alternative für Deutschland“ keine rechtspopulistischen Mitglieder und auch keine konkreten Hinweise für Parteimitglieder, die mit ihrer Politik am rechten Rand fischen würden. Von Blogeinträgen von Jens Eckleben habe er bisher nichts gewusst. Er wolle die entsprechenden Passagen, die Greinert kritisiert, nun prüfen. Klar sei, dass die AfD keine Rechtsextremisten in den eigenen Reihen dulde, sagte Kruse. Die Partei bekenne sich zu Demokratie und Weltoffenheit.
Immer wieder war die „Alternative für Deutschland“ seit der Gründung im Februar von einigen Wissenschaftlern als rechtspopulistisch kritisiert. Die mit der Kritik am Euro verbundenen „nationalen Untergangsprophezeiungen“ sei bei anderen rechtspopulistischen Parteien in Europa zu finden, kritisierte Sozialwissenschaftler Alexander Häusler auf tagesschau.de. Es werde versucht, über das Thema „Euro“ Ängste für eine „Politik des chauvinistischen Wutbürgertums nutzbar zu machen“. Andere Wissenschaftler stufen die Partei dagegen als „bürgerlich-konservativ“ ein.
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