Überfüllte Hallen und Zehntausende mit blauen Schals: Kirchentag schärft sein Profil als christliche Bürgerbewegung. Zehntausende Besucher des Kirchentags verändern das Bild der Stadt.

Hamburg. Überall in der Innenstadt, in U-Bahnen und Bussen und für eine kurze Verschnaufpause am Straßenrand - Zehntausende Besucher des Kirchentags verändern das Bild der Stadt. Erkennungszeichen: der türkisfarbene Kirchentagsschal. Und auch die Themen sind andere: ethisches Wirtschaften, Inklusion und Ökumene bestimmen die Agenda, mit der der Kirchentag sein Profil als christliche Bürgerbewegung schärft. Deutliche Worte auch zu den weltweiten Christenverfolgungen. "Wir setzen uns dafür ein, dass das aufhört", sagte Kirchentagspräsident Gerhard Robbers am Donnerstag. "Die Verfolgungen bleiben ein Stachel im Fleisch."

Noch bis Sonntag feiern 116.000 Dauerteilnehmer aus ganz Deutschland und mehrere Zehntausend Tagesgäste unter dem Motto "Soviel du brauchst" den 34. Deutschen Evangelischen Kirchentag. Zahlreiche prominente Vertreter aus Politik, Kirche und Wirtschaft warben für soziale Gerechtigkeit, und prangerten Rüstungsexporte an. Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider kritisierte im Deutschlandradio Kultur die deutsche Steuerpolitik. Bei der "Entlastung der oberen Zehntausend" in den vergangenen 20 Jahren sei das Pendel in die falsche Richtung ausgeschlagen. Er wies zugleich Forderungen von Politikern zurück, die Kirche solle sich nicht in die politische Debatte einmischen. "Es geht gar nicht anders. Das Evangelium will die Welt verändern." Zudem sagte der EKD-Chef, es gebe Überlegungen, einen europäischen Kirchentag auszurichten. "Kirchentag ist Tankstelle des Glaubens und Sprungbrett für politisches Engagement", sagte die Generalsekretärin des Kirchentags, Ellen Ueberschär.

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Der Kirchentag setzte auch ökumenische Akzente. Auf dem Fischmarkt versammelten sich 1500 Menschen im Sonnenschein zu einem ökumenischen Gottesdienst. Er wurde von lutherischen, katholischen, methodistischen und orthodoxen Christen gemeinsam gestaltet. Die heikle Abendmahlfrage lösten sie dabei kreativ: An der Stelle des Gottesdienstes, an der sonst das Abendmahl vorgesehen ist, wurden Brezeln in Fischform verteilt - nicht von Geistlichen, sondern von Helfern.

Wie immer gab es unzählige Aktionen, unter anderem wollen die Mitarbeiter des Internet-Portals "evangelisch.de" das gesamte evangelische Gesangbuch auf Video einsingen lassen. "Fünf Tage, 500 Lieder" lautet das Motto. Für den Abend war die Premiere der Kirchentagsoper "Vom Ende der Unschuld" vorgesehen. Sie greift Motive aus dem Leben des 1945 von den Nationalsozialisten ermordeten Theologen Dietrich Bonhoeffer auf. Alle drei Vorstellungen waren innerhalb kürzester Zeit ausverkauft.