Ein goldenes Kreuz auf rotem Grund, „Kreuz der Liebe“ hat Imme Linzer das Bild genannt. „Es soll Hoffnung ausstrahlen, nicht Verzweiflung und Tod“, sagt sie und schaut prüfend mit leicht zusammengekniffenen Augen, als müsse sie sich vergewissern, ob ihr das auch gelungen ist. Dass die 52-Jährige ihren Glauben künstlerisch verarbeitet, ist noch vergleichsweise neu. „Ich hatte die Religiosität der verschiedenen Konfessionen satt“, sagt sie im Saal der Evangelischen Familienbildungsstätte Eppendorf, wo gerade eine Ausstellung ihrer Bilder zu sehen ist (www.fbs-hamburg.de/eppendorf).

Als Kind, erzählt sie, habe sie immer über den Jesus am Kreuz geweint. Überhaupt spricht sie viel von ihrer Kindheit, die einerseits behütet und glücklich war, aber auch mit einem schweren Trauma belastet. Genauer will sie die Verletzungen nicht benennen, nur so viel: „Ich konnte nicht vergeben.“ Vier Jahrzehnte habe es in ihr gegärt, sagt die Hummelsbüttlerin, ihr ein ausgefülltes und friedliches Leben unmöglich gemacht. „Da war immer das Gefühl, das was nicht stimmt.“

Modedesign hat sie studiert, nachdem sie ihr Theologiestudium im fünften Semester geschmissen hatte. Da hatte sie schon einige Selbstmordversuche hinter sich. Sie kam auf die Füße, arbeitete selbstständig, heiratete, schnell nacheinander wurden ihre Söhne Finn, 23, Lasse, 21, Michel, 18, geboren. „Es hätte alles perfekt sein können, aber ich war ein wütender Mensch. Leicht reizbar, und ständig krank“, erinnert sie sich. Nach dem dritten Bandscheibenvorfall sah sie sich schon fast im Rollstuhl. Sie machte eine Psycho-Therapie, ohne dass sich etwas änderte. „Meine Ehe stand kurz vor dem Aus.“

Das war vor sieben Jahren. Dann passierte etwas, was Imme Linzer ein Schlüsselereignis nennt. Eine Freundin hatte sie mit auf eine Freizeit der freikirchlichen Ansgar-Gemeinde genommen. „Wir haben viel über Glauben und lernen zu glauben gesprochen.“ Während eines Gottesdienstes habe sie plötzlich gespürt, wie sich in ihr etwas ändert. „Ich konnte plötzlich vergeben“, sagt sie. Damals habe sie nicht aufhören können zu weinen, jetzt zieht ein Lächeln über ihr Gesicht. Was genau passiert ist, kann sie nicht beschreiben. Will es auch nicht. „Ich fühle mich wie ein neuer Mensch.“ Die äußeren Veränderungen ließen nicht lange auf sich warten: ein neuer Job, die Ehe wieder im Lot, keine Wutanfälle mehr, keine Krankheiten. Imme Linzer schreibt das ihrem Glauben zu, dem inneren Heilungsprozess. „Ich fühle, dass Jesus für mich am Kreuz gestorben ist.“ Sie geht wieder regelmäßig in die Kirche, hat in ihrer Gemeinde den Abendmahlsdienst übernommen, trifft sich regelmäßig mit anderen zum Bibelkreis. „Meine Familie akzeptiert das, hat aber damit nicht so viel am Hut.“ Und sie hat begonnen zu malen. „Früher dachte ich, ich kann das nicht.“ Ihre Werke haben Titel wie „Lebensfreude“, „Außenlicht“, „Taube“. Das Bild mit dem Kreuz hat einen besonderen Platz. „In dem Gold ist ein Lichtstrahl. Alles, was finster ist, holt Jesus hervor ans Licht. Das ist das Kreuz der Liebe.“