Wie halten es die Hanseaten mit der Religion? Selbst bei Hamburgern, die keiner Kirche mehr angehören, gibt es immer noch ausgeprägte Affinitäten zum christlichen Glauben.

Hamburg. Das Christentum ist in der Kirchentags-Metropole Hamburg weiter tief verwurzelt. Obwohl nur noch etwas mehr als ein Drittel der Hamburger einer evangelischen oder der katholischen Kirche angehört, fühlt sich jeder Zweite dem Christentum verbunden - unabhängig davon, ob er Kirchenmitglied ist oder nicht. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Marktforschungsinstituts Harris interactive im Auftrag des Abendblatts, der Hapag-Lloyd-Stiftung und der Firma Budnikowsky aus Anlass des Evangelischen Kirchentags. Das fünftägige Christentreffen mit mehr als 100.000 Dauerteilnehmern beginnt am Mittwoch in der Hansestadt.

Selbst bei jenen Hamburgern, die keiner Kirche mehr angehören, gibt es immer noch ausgeprägte Affinitäten zum christlichen Glauben. 30 Prozent der Konfessionslosen fühlen sich laut Umfrage dem Christentum verbunden. Was allerdings nicht bedeutet, dass die Hanseaten besonders häufig zur Kirche gehen: 47 Prozent der Hamburger besuchen nie kirchliche Veranstaltungen. Damit liegt der Anteil der Nicht-Kirchgänger im Vergleich zum Bundesdurchschnitt um mehr als zehn Prozentpunkte höher, ergab die Onlinebefragung unter 1541 Probanden in Hamburg und in ganz Deutschland. In der Umfrage zeichnet sich das Bild einer postmodernen Religiosität ab, die sich nicht nur aus dem Christentum speist. Sie ist offen für andere religiöse Erfahrungen, die oft in der Natur - und nicht in sakralen Räumen - gemacht werden. So glauben 38 Prozent der Hamburger, dass Gott und die Natur eins sind (Pantheismus); in der Altersgruppe der 50- bis 59-Jährigen ist ihr Anteil mit 50 Prozent extrem ausgeprägt.

Mehr noch: Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt interessieren sich die Hamburger überdurchschnittlich häufig für Buddhismus und andere fernöstliche Religionen. Darunter sind vor allem Frauen sowie Jugendliche im Alter von 14 bis 19 Jahren, von denen sich nur noch jeder Dritte dem Christentum verbunden fühlt. Der Islam profitiert von diesem Interesse allerdings nicht. Eine Nähe zum Glauben der Muslime gaben weniger als fünf Prozent der befragten Hamburger an. Die religiöse Stimmung bildet lediglich eine Facette der Religionslandschaft in der Stadt. Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt liegt der Anteil jener Menschen, die sich grundsätzlich nicht für gläubig und religiös halten, um zehn Prozentpunkte höher. Ein Drittel der Hamburger vertritt die Überzeugung, es gebe keinen Gott (Atheist) oder seine Existenz könne nicht geklärt werden (Agnostiker). 60 Prozent der Hamburger beten nie (Bundesdurchschnitt: 50 Prozent). Auch begründen nur noch weniger als zehn Prozent der Hanseaten ihr ethisches Handeln mit den Zehn Geboten aus der Bibel. Das soziale Umfeld (37 Prozent) und humanistische Werte haben einen stärkeren Einfluss auf das Handeln.

Der Hamburger Propst Johann Hinrich Claussen zeigte sich erfreut, dass 48,2 Prozent der Befragten zum Christentum halten. "Das belegt deutlich, dass es Christentum nicht nur in den Kirchen gibt." Georg Bergner, Geistlicher Rat und Leiter der Pastoralen Dienststelle des Erzbistums Hamburg, sagte: "Die Sehnsucht nach dem Glauben ist weiter da."