Partei kettet sich mit ihrem Programm der Steuererhöhung an die SPD

Weit bevor sie zum ersten Mal Regierungsverantwortung trugen, waren die Grünen eine zusammengepuzzelte, mitunter eine zerrissene Partei. Die "Lager" von Realos und Fundamentalisten standen sich an Parteitagen argwöhnisch gegenüber, nur zusammengehalten vom grünen Band der Ökologie. Auch später wurde bei Parteikonventen gebrüllt und gehetzt. Und bisweilen flog ein Farbbeutel auf einen Außenminister, der in der Realität der Weltpolitik sein Heil gesucht hatte.

Die als "Alternative" des Machtbetriebs Demokratie gestartete Partei muss sich vorsehen, auf dem Weg zur Volkspartei nicht etliche Schritte zurückzufallen. Denn es tut sich ein Graben auf zwischen denjenigen Grünen, die bereits regieren, und denen, die es nach der Bundestagswahl wollen. Dieser Riss läuft quer durchs Land, durch die Generationen, durch Basis und Parteiführung.

Vor allem aus Baden-Württemberg mit seiner Ballung mittelständischer wie global denkender Wirtschaft sind Töne von den Grünen zu hören, die die Partei nachdenklich stimmen sollten. Ihr erster Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist mehr als der softgrüne Senior, als der er dargestellt wird. Frei von allerlei Ambitionen und Machtgebaren, kann er sich Laokoonrufe erlauben wie die, dass man das Steuerrad nicht überdrehen dürfe. Die Steuer schon auf Einkommen der gehobenen Mitte zu erhöhen, Millionenvermögen extra zu belasten, womöglich die Erbschaftssteuer zu verschärfen - das sind keine Rezepte, um künftigen Generationen den Wohlstand zu sichern.

Wer in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, NRW, Niedersachsen oder Schleswig-Holstein als Grüner Verantwortung trägt, hat seine realpolitische Lektion gelernt. Es gibt bei Licht betrachtet kein Einnahmeproblem der öffentlichen Haushalte. Die Umverteilungsideen, die die Grünen ja von der SPD adaptiert haben, sind eine naive Fortschreibung der Robin-Hood-Story.

Sicherlich, die Deutschen, das zeigen die Umfragen, wollen Wohlhabende stärker belasten. Dieser Anflug von politischem Marketing ist für die Grünen wichtig, um sich neben der SPD zu positionieren. Allerdings schreckt die Parteispitze um den Spitzenkandidaten Jürgen Trittin damit gerade die wertkonservativen oder unkonventionell denkenden Wählerschichten ab, die sie gerade hinzugewonnen hat.

Unter den Grünen-Wählern finden sich Gutverdiener, kleine und mittelständische Unternehmer, die Umweltschutz und nachhaltiges Wirtschaften längst als ökonomische Chancen begreifen. Auch im urbanen Milieu werden viele Stammwähler darüber nachdenken, ob ihnen die Steuerpläne nicht zu viel Geld aus der Tasche ziehen würden. Zusätzliche Belastungen rufen das Zerrbild von den Grünen wieder wach, die diktieren statt Freiräume schaffen wollen. Die alte Leier von der Umverteilung mag man auch nicht glauben. Denn zusätzlich eingenommenes Steuergeld versickert im großen Haushaltstopf. Dass damit Kitas, Schulen, Hochschulen und gezielt sozial Schwache gefördert werden, ist eine Mär.

Die Grünen berauben sich mit ihrer Programmatik 2013 einer Option für die Zeit nach der Bundestagswahl. Die Steuerphilosophie kettet sie an die SPD. Schwarz-Grün erscheint auf absehbare Zeit nicht mehr als Option. Dabei ist längst nicht ausgemacht, welche Konstellationen die Bürger mit ihren Stimmzetteln ermöglichen. Reicht es nicht für Union und FDP und hätte auch Rot-Grün keine Mehrheit, wäre eine Große Koalition die natürliche Folge. Dann hätten die Grünen ein Regierungsprogramm, das sie sich in vier weiteren Jahren Opposition noch oft anschauen könnten.