Man sollte genau überlegen, was man auf Facebook versendet, etwa über Fußballprofis

"Verräter!" "Söldner!" "Bastard!" "Judas!" Wer solche Freunde hat wie Mario Götze auf Facebook, braucht keine Feinde mehr. Auf der Online-Seite des Fußballspielers, die mehr als 1,5 Millionen Menschen gefällt, tun sich Abgründe auf, seit Götzes Wechsel von Borussia Dortmund zum FC Bayern München bekannt geworden ist. Wer sich durch die gut 15.000 Kommentare scrollt, fühlt sich wie in einem voll besetzten Stadion, mit der Ausnahme, dass man jeden einzelnen Spruch verstehen und ertragen muss, ganz gleich, wie betrunken, wie unverschämt und oder beleidigend der Absender ist. In welchem Maße die Hemmungen auf Facebook fallen, ist erschreckend und an dieser Stelle nicht weiter zitabel.

Nun hat man sich daran gewöhnt, dass in Zusammenhang mit Sport selbst sonst eher vornehme und zurückhaltende Menschen Formulierungen benutzen, die ihnen im normalen Leben niemals aus dem Mund kämen. Doch während diese Form der Publikumsbeschimpfung zeitlich begrenzt ist, meist auf 90 Minuten, gibt es im Internet keine Beschränkungen mehr - weder in der einen noch in der anderen Richtung. Das Gefährliche daran: All die, die auf Facebook oder anderen sozialen Medien ihre ungefilterte Meinung verbreiten, scheinen zu ignorieren, dass sie auf maximal öffentlichen und niemals vergessenden Plattformen unterwegs sind. Eine Schmähung oder die bloße Aneinanderreihung von Kraftausdrücken werden eben nicht nur von jenen gelesen, gegen die sie gerichtet sind, oder von denen, die ähnlich denken. Sie ist für alle sichtbar: für den Lehrer, für den Arbeitgeber, für den Vorgesetzten, etc. Und die werden im Zweifel nicht zwischen privater, halb privater und offizieller Stellungnahme unterscheiden

Soll heißen: Eine Nachricht auf Facebook kann schneller auf den Absender zurückfallen, als die meisten sich vorstellen können. Das musste vor Kurzem ein Hamburger Polizeiangestellter erfahren, der das Foto eines Totenschädels mit Polizeimütze versendet hatte. Ihm soll jetzt gekündigt werden, der Angestellte will dagegen klagen.

Mag sein, dass er vor Gericht darauf bestehen wird, dass er die "Äußerung" auf Facebook als Privatmann und damit außer Dienst getan hat. Aber das ist wenig glaubwürdig, weil sich diese Trennung eben nicht vollziehen lässt. Der Politiker bleibt Politiker, wenn er in sozialen Netzwerken Fotos von wilden Feiern verschickt, der Fußballprofi bleibt Fußballprofi, wenn er irgendwo mit einer Flasche Wodka posiert, und der Journalist bleibt Journalist, wenn er sich, vermeintlich privat, auf Facebook äußert. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie bitte Ihren Arbeitgeber oder Rechtsanwalt.

Vielleicht hilft es, wenn man sich Facebook als das vorstellt, was es längst geworden ist: eine große Bühne mit einem mehr oder weniger großen Publikum. Wer zum Beispiel 300 "Freunde" hat, mag sich diese einmal als Publikum in einem entsprechenden Theatersaal vorstellen. Wenn man dann dort vorne stehen würde, hinter einem Mikrofon, würde man dann dasselbe sagen, was man heute so leichtfertig in wenigen Sekunden an alle verschickt? Oder würde man sich seine Worte nicht sorgfältig(er) überlegen, übrigens auch nach dem Motto: Weniger ist mehr.

Der oben genannte Polizeiangestellte ist nicht der Erste, der wegen seiner Facebook-Aktivitäten Schwierigkeiten bekommen hat, und er wird nicht der Letzte gewesen sein. Längst ist es üblich, dass sich Firmen im Internet über potenzielle und tatsächliche Arbeitnehmer informieren, Facebook und Co. eingeschlossen. Das Bild, das Chefs von ihren Mitarbeitern haben, und umgekehrt (!), wird in Zukunft sogar noch stärker von dem geprägt werden, was sie im Internet von ihnen lesen können. Deshalb: Erst nachdenken, dann posten.