Weniger Einsatzkräfte bei den 87 freiwilligen Wehren der Hansestadt. Mitglieder sollen mit jetzt mit neuen Konzepten geworben werden.

Hamburg. Es war ein Jahrhundertfeuer, das gleich nach dem Jahreswechsel am 2. Januar 2012 durch dichten, schwarzen Qualm den Himmel über dem südlichen Hamburg verdunkelte. An der Nartenstraße im Binnenhafen Harburg gingen in einer 3000 Quadratmeter großen Halle rund 2000 Tonnen Kautschuk und Latex sowie 10.000 Liter Heizöl in Flammen auf. Es war mit Abstand der spektakulärste der 248.458 Einsätze, die Hamburgs Feuerwehr im vergangenen Jahr bewältigen musste. Die Hitze war so groß, dass Scheiben an Löschfahrzeugen platzten und Teile an Drehleitern schmolzen. Eingesetzt waren auch viele der 87 freiwilligen Feuerwehren der Stadt. Für Innensenator Michael Neumann sind diese Wehren ein wichtiger Bestandteil des Sicherheitskonzeptes. Alarmierend: Die freiwilligen Feuerwehren konnten erstmals seit Jahren weniger Einsatzkräfte auf die Straße bringen. Auch die Zahl der Mitglieder der Jugendfeuerwehren ging zurück.

2497 Mitglieder, die zu Einsätzen ausrücken, hatten die 87 freiwilligen Feuerwehren der Hansestadt 2012. Das ist ein Personalrückgang von 1,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bei der Jugendfeuerwehr ging die Zahl der Mitglieder sogar um 2,1 Prozent auf 913 zurück. Damit hatten die freiwilligen Wehren zuletzt 2003 weniger Personal zur Verfügung. Die mittlerweile 57 Jugendfeuerwehren verzeichnen erstmalig einen "Knick", nachdem die Zahl der Mitglieder bei ihnen in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich und deutlich stieg. 2002 konnten die damals 41 Jugendfeuerwehren lediglich 660 Mitglieder vorweisen.

Landesbereichsführer André Wronski hält den Mitgliederrückgang nicht für besorgniserregend. Man müsse gerade bei der Jugendarbeit auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung gegensteuern.

"Jugendarbeit ist für eine freiwillige Feuerwehr eine ganz wichtige Sache", sagt Borhen Azzouz (28), stellvertretender Wehrführer bei der Freiwilligen Feuerwehr Eißendorf. "Unsere Wehr ist vor 41 Jahren gegründet worden. Seit 40 Jahren haben wir eine Jugendfeuerwehr. Das war eine Entscheidung, die sich bewährt hat." Bislang musste diese Wehr sich im Gegensatz zu anderen Wehren keine Nachwuchssorgen machen. "Die Jugendfeuerwehr, das ist unsere Erfahrung, ist die wichtigste Option bei der Nachwuchsgewinnung", sagt Azzouz.

Das sieht auch Innensenator Michael Neumann so. Er will angesichts der Bevölkerungsentwicklung vor allem in Jugendlichen mit Migrationshintergrund ein großes Potenzial für die Jugendfeuerwehren entdeckt haben. Das bislang große Problem: Die nehmen das Angebot so gut wie nicht an. Azzouz, Sohn tunesischer Einwanderer, ist wie sein Bruder, eine Ausnahme. "Mich hat ein Klempner, den meine Eltern bestellt hatten, zur Feuerwehr gebracht. Er hatte immer ein Feuerwehrmagazin dabei. Das hat mich begeistert", sagt Azzouz, der auch nach deutschen Maßstäben erzogen wurde. "In anderen Kulturen hat das Ehrenamt eine andere Tradition und Bedeutung als in Deutschland", sagt Frank Reschreiter, Sprecher der Innenbehörde. Auch hier müsse man Konzepte erarbeiten, die Jugendliche mit entsprechendem Migrationshintergrund erreichen.

Nachwuchs ist auch bei der Berufsfeuerwehr ein wichtiges Thema. Dort hat es im Gegensatz zu den freiwilligen Feuerwehren ein Personalzuwachs gegeben. Die Zahl der Mitarbeiter im Einsatzdienst stieg um 2,56 Prozent auf 2395. Die Zahl der Frauen beträgt mittlerweile 42. Das entspricht einem Zuwachs von 13,5 Prozent.

Trotz Steigerung der Gesamteinsatzzahl verzeichnete die Feuerwehr einen deutlichen Rückgang der Brandeinsätze um 4,98 Prozent auf 11.444 Einsätze. Darunter sind auch 1314 Fehlalarme durch Rauchmelder in Privatwohnungen. Im Gegensatz zu Fehlalarmierungen in gewerblichen Objekten sollen Fehleinsätze durch private Rauchmelder laut Feuerwehrchef Klaus Maurer auch in Zukunft gebührenfrei bleiben. "Wir hatten im Jahr 2012 in Hamburg 13 Brandtote zu beklagen", so Maurer. "Das ist zwar ein leichter Anstieg im Vergleich zum Vorjahr, liegt aber deutlich unter der Zahl der Opfer, die wir vor der Einführung von Brandmeldern im privaten Wohnbereich hatten." Auch die Zahl der Hilfeleistungen ging leicht um 0,83 Prozent auf 19.711 Einsätze zurück. "Wir blicken insgesamt auf ein anstrengendes Jahr zurück", so Maurer, der mit strukturellen Veränderungen den geänderten Einsatzanforderungen begegnen will