Partner von Betroffenen sollten regelmäßig Kraft tanken, rät eine Psychologin

Wenn ein Mensch unter Angststörungen leidet, folgen seine Angehörigen oft einem natürlichen Impuls: Sie versuchen, den Betroffenen von allem fernzuhalten, was seine Angst auslöst. Das ist gut gemeint, vermindert die Angststörungen in der Regel jedoch nicht– im Gegenteil: Je länger der Betroffene solche Situationen meidet, desto größer ist das Risiko, dass sich seine Angststörung verfestigt und er umso heftiger reagiert, wenn er sich doch der Situation aussetzen muss.

Der Angehörige werde dann mehr und mehr zum Retter und zum Organisator, der seinem Partner nicht mehr auf Augenhöhe begegnen könne, schreibt Dr. Sandra Hunatschek, leitende Psychologin der Schön Klinik Berchtesgadener Land in einem Online-Ratgeber. „Die Abhängigkeit, die sich immer weiter verstärkt, belastet sowohl den Betroffenen als auch den Partner im Laufe der Zeit über die Maßen.“

Angehörige sollten darauf hinarbeiten, dass sie auf die Angststörungen so reagieren, dass sie die Situation nicht verschlimmern und sich dabei nicht schlecht fühlen. Genervt die Augen zu verdrehen und dem Partner Vorwürfe zu machen, sei genauso wenig sinnvoll wie Versuche, ihn von allem entlasten zu wollen. Sich zu verstellen oder stark anzupassen, führe nur dazu, dass sich Ärger und Frust aufstauten, die irgendwann aus dem Angehörigen hervorbrächen, so Hunatschek.

Gerade wegen der Angststörungen des Betroffenen, die auch für den Angehörigen belastend sein können, sei es wichtig, dass der Angehörige regelmäßig wieder Kraft tanke, zum Beispiel Sport treibe und sich mit Freunden treffe. Es könne dem Betroffenen in Zukunft schwerlich besser gehen, wenn es dem Angehörigen ebenfalls schlecht gehe. „Wer zu viel gibt, macht dem anderen irgendwann auch Vorwürfe, dass er auf vieles verzichtet hat“, schreibt Sandra Hunatschek.

Unbedingt vermeiden sollten es Angehörige, dem Betroffenen Ratschläge zu geben, und seien diese noch so klug. Denn so entstehe automatisch eine Beziehung zwischen dem überlegenen Starken und dem bedürftigen Schwachen. Das könne zu Konflikten führen. Stattdessen sollten Angehörige den Betroffenen ermuntern. „Aufmerksamkeit und Hellhörigkeit für jedes Körnchen positiver Entwicklung, Gelassenheit und Geduld mit den schwierigen Seiten“, rät Hunatschek. Das klingt simpel, doch die Umsetzung kann sehr schwer sein. Deshalb sollten Angehörige keine Scheu haben, sich von einem Therapeuten helfen lassen, so Hunatschek.