Verkehrsbehinderungen und Schulausfall im Umland. 378 Unfälle und 28 Verletzte. Kreisamt Harburg entscheidet sich für Schließung der Schulen.

Hamburg. Die Stadt ist fest im Griff des "Lake-Effekts". Das bedeutete am Montag: Schnee, Schnee, Schnee. Direkt über der Ostsee bildeten sich den ganzen Tag über Wolken voller Schnee, die in einem fast 60 Kilometer breiten Streifen von Nordosten nach Südwesten zogen. Die Folge: Chaos auf den Straßen, überfüllter Nahverkehr, Schulausfälle rund um Hamburg. Lübeck meldete sogar die Rekordschneehöhe von knapp 40 Zentimetern.

"Lübeck und Hamburg hat es dieses Mal voll erwischt", sagt Meteorologe Daniel Wünsch. Was aus der Ostsee verdampfte, rieselte in Hamburg als Schnee vom Himmel. Stundenlang. "So ein Streifen bleibt ziemlich unbeweglich", so der Experte vom Institut für Wetter- und Klimakommunikation. "Dazu kam, dass das Wolkenband mit dem Schnee außergewöhnlich breit war." Folge: Bis zum frühen Abend meldete die Polizei 378 Unfälle im Stadtgebiet, bei denen 28 Menschen verletzt wurden. Auf den großen Ausfallstraßen staute sich gen Abend der Verkehr, weil überfrierende Nässe die Fahr- zu Rutschbahnen werden ließ. Nur ein Beispiel war die Fruchtallee stadtauswärts: Im zähen Feierabendverkehr blieben auch die Schienenersatzbusse der U 2 stecken.

Was des Autofahrers Leid war, war des Schülers Freud. Für 32.594 Pennäler im Landkreis Harburg hieß es Rodeln statt Pauken. Das Kreisamt Harburg entschied sich für die Schließung der Schulen. Es gab zu viele Probleme im Nahverkehr. Besonders im Bereich Salzhausen und Hanstedt kamen die Räumfahrzeuge gegen Schneewehen nicht an. "Im Zweifelsfall entscheiden wir für die Sicherheit der Schüler", sagt Bernhard Frosdorfer vom Kreisamt Harburg. "Da wir für den gesamten Landkreis entscheiden, fiel an allen 84 Schulen der Unterricht aus." Informiert wurde darüber ganz modern. Neben der klassischen Durchsage über das Radio gibt es eine "Schulausfall-App".

In den Nachbarlandkreisen Stade und Lüneburg schauten Schüler vermutlich neidisch Richtung Landkreis Harburg. Sie mussten die Winterspiele auf die große Pause verlegen. Die Landräte hatten sich gegen eine generelle Schließung der Schulen entschieden. Es blieb den Eltern überlassen, ob sie ihre Kinder zur Schule schicken oder lieber zu Hause lassen wollten. Nördlich von Hamburg gab es schulfrei für die Schüler in den Kreisen Segeberg, Ostholstein und Plön. Vor allem in den ländlichen Bereichen des Kreises Segeberg konnte die Schülerbeförderung nicht sichergestellt werden. An einigen Gymnasien im Kreis Segeberg, wo am Montag die ersten Abiturklausuren angesetzt waren, erschienen nur die Schüler der 13. Jahrgänge. In Ahrensburg entschieden einige Schulleiter selbst, ihre Schüler um 12 Uhr wegen des anhaltenden Schneefalls nach Hause zu schicken. Stormarns Schulrätin Kirsten Blohm-Leu sagt, es sei im Nachhinein ein Fehler gewesen, dass der Unterricht am Montag nicht flächendeckend ausgefallen ist.

In Hamburg gab es zumindest diese Probleme nicht. Passend zum Wetter sind "Skiferien", die Schulen verwaist. Der öffentliche Nahverkehr war dennoch zeitweise stark überlastet, gerade in den Abendstunden. "Ich brauchte von Wandsbek nach Bahrenfeld eineinhalb Stunden. Die U-Bahn war überfüllt. Die S-Bahn, in die ich dann umgestiegen bin, blieb kurz vor Altona stehen", sagte ein Fahrgast.

Wer sich für das Auto entschied, hatte es auch nicht besser. Während rund um Hamburg Chaos auf den Straßen herrschte, gab es im Stadtgebiet tagsüber zwar kaum Behinderungen. Zu späterer Stunde krachte es aber fast im Minutentakt. "Die Leute fuhren aber insgesamt sehr vorsichtig", hieß es aus der Verkehrsleitzentrale der Polizei. "Unser Winterdienst war von 2 Uhr nachts bis in den frühen Nachmittag unterwegs", so Andree Möller von der Stadtreinigung. "Hauptverkehrsstrecken wurden zweimal abgestreut." Was dem Winterdienst in die Hand spielte: Die Straßen waren tagsüber nicht ausgekühlt. "Während in der Luft Minusgrade herrschen, liegen die Temperaturen auf der Fahrbahn bei um die plus vier Grad", so Möller. Das änderte sich am Abend. Es wurde glatt.

Im Umland sah es ähnlich aus. Bei Barsbüttel stellten sich ein Dutzend Lastwagen auf spiegelglatter Autobahn quer. Einige kippten um. Die A 1 wurde gesperrt. In Lübeck musste der Herrentunnel für Stunden gesperrt werden, weil Autos nicht weiterkamen. An einigen Stellen halfen Bauern mit Treckern aus, um Autos aus Schneewehen zu ziehen. Abschlepper waren ausgebucht.

In Hamburg war der Schienenverkehr beeinträchtigt. Bereits am Sonntagabend saßen rund 100 Fahrgäste ohne Heizung und nur mit Notbeleuchtung rund zwei Stunden in einem Zug der S 3 fest. Die S-Bahn war kurz hinter dem Bahnhof Neugraben liegen geblieben. Ursache war ein technischer Defekt an einer Weiche. Vermutlich rollte der Wagen witterungsbedingt nicht in einen wieder stromführenden Bereich, sagte Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis. Gegen 11 Uhr blieb zwischen Klostertor und Kellinghusenstraße eine U-Bahn stecken. 100 Fahrgäste saßen bis 12 Uhr fest. Womöglich haben wetterbedingte Softwareprobleme zum Ausfall geführt.