Beiersdorf überschreitet beim Umsatz erstmals Sechs-Milliarden-Schwelle. Neues Mittel gegen Falten kommt zur Jahresmitte.

Hamburg. Das hat es in einem großen deutschen Unternehmen wohl noch nie gegeben. Nur 35 Minuten dauerte am Dienstag die Bilanzpressekonferenz mit Beiersdorf-Chef Stefan F. Heidenreich. Üblich ist bei vergleichbaren Konzernen etwa eine bis eineinhalb Stunden, in denen die Rede des Vorstandsvorsitzenden oft länger dauert als die gesamte Pressekonferenz des Nivea-Herstellers. Aber so ist der neue Chef. Kurz und kompakt präsentiert er die wichtigsten Kernzahlen und seine künftige Strategie - in nur 14 Minuten. Der ehemalige Leistungssportler und Vize-Europameister beim Windsurfen arbeitet zielorientiert.

Die zackige Art des asketischen Chefs hat im Konzern offenbar schon Positives bewirkt. So ist der Umsatz 2012 um 7,2 Prozent auf 6,04 Milliarden Euro gestiegen, der Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) von 646 Millionen auf 735 Millionen Euro, was einer Umsatzrendite von 12,2 Prozent entspricht. Das Konzernergebnis stieg von 259 Millionen Euro auf 451 Millionen Euro. Die Beschäftigtenzahl verringerte sich aber auf 16.605 Mitarbeiter Ende 2012 nach 17.666 vor Jahresfrist. Wegen der schlechten Zahlen in der Vergangenheit hatte sich der Nivea-Hersteller ein weltweites Programm zum Abbau von tausend Arbeitsplätzen verordnet. In Hamburg wurde die Zahl der Mitarbeiter um 200 auf rund 4500 reduziert.

Mit dem vergangenen Jahr zeigt sich Heidenreich, der nach der Hauptversammlung im April 2012 Vorstandschef wurde, zufrieden. "Wir haben das Profil unserer Kernmarken geschärft, sind kundenorientierter geworden und haben unsere Innovationsfähigkeit gesteigert", sagte der Manager. Das Hamburger Unternehmen habe noch eine lange Wegstrecke vor sich. Heidenreich schätzt, dass es noch drei bis fünf Jahre dauern wird, um Beiersdorf in der internationalen Spitzenliga der Kosmetikindustrie zu etablieren. Die hohe Innovationskraft, Effizienz und Schnelligkeit sollen das im Weltvergleich kleine Kosmetikunternehmen nach vorn bringen, so Heidenreich. Ein größeres Wachstum als der Gesamtmarkt und eine höhere Rendite sind seine Ziele.

Heidenreich arbeitet fast rund um die Uhr. Er braucht kaum Schlaf. Nach seinem Antritt bei Beiersdorf hat er sämtliche Abteilungen des Konzerns durchforstet, zahlreiche Mitarbeiter vor allem im Marketing versetzt und sich so das Unternehmen geschaffen, das er zum Erfolg führen will. Jede zweite Woche reist er zu Beiersdorf-Standorten in aller Welt, um mit den dortigen Mitarbeitern direkt zu sprechen. "Der Spirit stimmt", sagte er nach der Neustrukturierung. Zwar werde nicht mehr so viel gekuschelt, dafür bekämen die Mitarbeiter aber, anders als früher klare, verbindliche Ansagen.

Jetzt setzt der Chef auf Innovationen. Der Konzern habe einiges in der Pipeline. So sollen Mitte des Jahres neue und bessere Anti-Aging-Produkte auf den Markt kommen, um die Heidenreich noch ein großes Geheimnis macht. Im Gegensatz zu den bisherigen Cremes gegen Falten sollen die neuen Produkte künftig nicht nur in bestimmten Regionen, sondern weltweit ins Basissegment des Konzerns integriert werden. Pro Land wird Beiersdorf einen zweistelligen Millionenbetrag ins Marketing investieren. Zugpferd in der Verjüngungskur des Konzerns bleibt die Marke Nivea, die 2012 um 6,4 Prozent zulegen konnte, während Eucerin um 6,6 Prozent wuchs und die Luxusmarke La Prairie um 6,1 Prozent. "Nivea ist unser Schlachtschiff", so Heidenreich. Gerade hat Beiersdorf das Design der Marke weltweit überarbeitet und einheitlich gestaltet. Als nächstes bekommt die Männerpflege ein neues Logo.

Vor allem will Beiersdorf auf den Wachstumsmärkten in den Schwellenländern seine Position ausbauen. "Wir wollen von der Dynamik dieser Regionen als Unternehmen profitieren", sagte Heidenreich, "und näher am Markt sein. Unser Fokus richtet sich dabei vor allem auf Brasilien, Russland und China." Schon jetzt erreicht das Unternehmen mit 49 Prozent fast die Hälfte des Umsatzes in Osteuropa, Lateinamerika und Asien, Afrika und Australien. In China und Mexiko errichtet Beiersdorf neue Forschungszentren.

Unzufrieden ist Heidenreich mit dem schwer umkämpften westeuropäischen und dem stagnierenden deutschen Markt. Vor allem die Sortimentsstraffung 2012 und die Insolvenz von Schlecker hinterließen Spuren in Westeuropa und Deutschland, wo der Umsatz des Marktführers Beiersdorf mit 20 Prozent Marktanteil annähernd das Vorjahresniveau erreichte. "Eine Wachstumsrate um die null Prozent ist in Deutschland nicht zu akzeptieren", sagte er. Die Tochter Tesa steigerte ihren Umsatz um 5,8 Prozent auf 992 Millionen Euro.

Mit dem Beiersdorf Mehrheitseigner, der Hamburger Tchibo-Familie rund um Michael Herz, kommt der neue Chef bestens aus. "Wir reden regelmäßig miteinander, aber ich muss mir nicht jedes Vorhaben von ihm absegnen lassen." Heidenreich kennt sich mit Familienfirmen aus. Er war zuvor Chef des Schweizer Marmeladenherstellers Hero von Arend Oetker, zu dem auch die Schwartauer-Werke gehören. Auch deshalb lebt seine Familie noch in der Schweiz. Das soll sich bald ändern. Ehefrau Ellen-Brigitta Heidenreich sucht bereits nach einer passenden Bleibe in Hamburg. Beide sind Kieler und freuen sich, wieder nahe ihrer norddeutschen Heimat zu sein. Am Geld wird es wohl nicht liegen. Heidenreichs Frau hatte im April 2012, kurz bevor ihr Mann an die Konzern-Spitze gerückt war, rund fünf Millionen Euro in Beiersdorf-Aktien investiert. Kürzlich konnte sie das Paket für 6,8 Millionen Euro verkaufen.