Wer Ludwig Görtz kennt, der weiß, dass ihm die Krise seines Unternehmens an die Nieren geht. Die Schuhhandelskette, die den Namen seiner Familie trägt, ist für den Patriarchen nicht irgendeine Firma - sie ist sein Lebenswerk.

Wohl vor allem deshalb dürfte sich Görtz zusammen mit seinen Brüdern im Herbst vergangenen Jahres entschlossen haben, einen nicht unerheblichen Teil seines Privatvermögens in die schlingernde Kette zu stecken. Das zeigt unternehmerische Verantwortung, wie sie heute - in Zeiten schnell wachsender, aber auch schnell wieder verschwindender Internetfirmen und Kapitalgesellschaften - nur noch selten zu finden ist. Beste hanseatische Kaufmannstradition.

Die Höhe der Finanzspritze zeigt aber auch, wie gefährlich die Situation in dem Unternehmen ist oder zumindest war. Wichtig ist nun, dass das Geld nicht für den Erhalt ineffizienter und veralteter Geschäftsmodelle verschleudert wird, sondern für den notwendigen Umbau. Erste Verbesserungen auf der Ergebnisseite deuten darauf hin, dass die Maßnahmen des Managements tatsächlich greifen.

Allerdings bleibt die Frage, ob Görtz den Herausforderungen durch den Onlinehandel mit der bislang eher vorsichtigen Strategie in diesem Bereich wirklich begegnen kann. Im Gegensatz zu Konkurrenten wie Zalando agieren die Hamburger ausgesprochen verhalten und werden von jungen Kunden vermutlich kaum wahrgenommen.

Fehler oder falsche Investitionen sollte sich Görtz jedenfalls nicht mehr leisten. Eine weitere Finanzspritze in Millionenhöhe dürfte für die Eigentümer nur schmerzlich zu stemmen sein.