Besonders die Zahl der Flüchtlinge aus Südosteuropa steigt an. Doch die meisten von ihnen werden wieder abgeschoben.

Hamburg. Sie fliehen aus Krisenregionen oder kommen als Wirtschaftsflüchtlinge, und ihre Zahl steigt. 64.741 Menschen haben 2012 in Deutschland Asylanträge gestellt. Das sind rund 20.000 mehr als noch im Jahr zuvor. Ein Phänomen, das auch die Stadt Hamburg vor Herausforderungen stellt. 5022 Menschen beantragten vergangenes Jahr in der Hansestadt Asyl. 2091 von ihnen blieben, die Übrigen wurden auf andere Bundesländer verteilt.

Eine besondere Herausforderung stellten die Flüchtlinge dar, die in einer Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht werden mussten. Die Zahl der Plätze dort hatte sich innerhalb eines Jahres von 931 auf 1559 erhöht. "Die Mitarbeiter des Einwohner-Zentralamtes haben hervorragend auf den in dieser Höhe unerwarteten Zustrom reagiert", sagt Innensenator Michael Neumann (SPD). "Die Stadt hat die Erstaufnahmekapazitäten zügig aufgestockt und für eine menschenwürdige Unterbringung gesorgt."

Besonders die Zahl der Flüchtlinge aus Südosteuropa ist laut Innenbehörde enorm gestiegen. Haben 2011 lediglich 400 Personen aus den Balkan-Staaten in Hamburg Asyl gesucht, waren es im vergangenen Jahr bereits 1133. Etwas mehr als die Hälfte, nämlich 675 Personen, sind in der Stadt geblieben. 2011 waren es noch 231. Alle Bundesländer sind verpflichtet, je nach ihrer Größe Asylsuchende aufzunehmen.

Die meisten jener Zuwanderer aus Serbien oder Mazedonien kommen mit Reisebussen hier an, geben sich als Touristen aus und benötigen daher kein Visum, welches die Einreise erschweren würde. Bei ihnen handelt es sich überwiegend um Roma. Sie werden jedoch weniger als politisch Verfolgte angesehen, sondern als Armutsflüchtlinge. Ein Grund für die steigenden Zahlen wird in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Regelsätzen für Flüchtlinge gesehen. Danach verstießen die bisherigen Geldleistungen gegen die Menschenwürde. So mussten die Zahlungen von 225 Euro monatlich auf 336 erhöht werden. Auch die medizinische Versorgung und die "trockene und warme Unterbringung" sollen für viele ein Anreiz sein. Offiziell will diese Zusammenhänge aber niemand herstellen.

"Es spricht sich durch Internet und Handy bis nach Südeuropa herum, dass Asylbewerber hier gut versorgt und betreut werden", sagt Karl-Heinz Warnholz, CDU-Bürgerschaftsabgeordneter und Mitglied im Sozialausschuss. "Für die Menschen dort ist Hamburg ein Wunderland." Nichtsdestotrotz müsse man die Flüchtlinge ohne Vorurteile aufnehmen und ein faires Asylverfahren durchführen. "Und zwar mit Respekt", betont der Politiker.

Tatsächlich werden die Flüchtlinge aus der Balkanregion fast alle wieder abgeschoben. Nach Auskunft des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge liegt die sogenannte Schutzquote für diese Gruppe bei rund einem Prozent.

Auch wenn der Anteil der Zuwanderer aus Südosteuropa stark angestiegen ist, kommen die meisten Asylsuchenden nach wie vor aus Afghanistan (1516) und Iran (700). Aus Syrien kamen im letzten Jahr 266 Menschen, aus dem Irak 114 und aus Ägypten 93.

Mit dem unvorhergesehenen Flüchtlingszulauf und seinen Kosten hat sich im Dezember auch die Bürgerschaft beschäftigt. Im Rahmen der Haushaltsberatungen bewilligte sie insgesamt zehn Millionen Euro für die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern. Der Löwenanteil, etwa drei Millionen Euro, wurde in die Aufstockung der Erstunterbringungsplätze gesteckt. Die Kosten für die öffentlich-rechtliche Folgeunterbringung gibt die zuständige Sozialbehörde mit insgesamt rund 3,7 Millionen Euro an. Kosten, die sie nicht alleine tragen will.

Die Sozialbehörde ist auch für jene Migranten zuständig, die zwar kein Asyl beantragen, aber auf der Suche nach Arbeit sind. Diese kommen meist aus Bulgarien und Rumänien, haben auf dem Arbeitsmarkt zu gut wie keine Chancen und kommen dann in Obdachlosenunterkünften unter. Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) sieht nun den Bund in der Pflicht. Dem "Spiegel" sagte er: "Wir erwarten vom Bund eine ernsthafte Unterstützung." Am Mittwoch kommt in Hamburg eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zusammen, um die Probleme zu beraten.