Andreas Wankum (CDU) will, dass die Hansestadt den Immobilienkauf fördert - statt einseitig nur auf sozialen Wohnungsbau zu setzen.

Hamburg. Gerhard Fischer ließ sich diese einmalige Chance nicht entgehen. Als die städtische Wohnungsgesellschaft Saga GWG ihm vor gut zehn Jahren anbot, sein gemietetes, 82 Quadratmeter große Einfamilienhaus am Steenkamp zu kaufen, griff er zu. Rund 100.000 Euro musste er dafür bezahlen. "Mehr war das Gebäude aber auch nicht wert", sagt Fischer. Viele Jahre hatte die Wohnungsgesellschaft so gut wie nichts an dem Haus gemacht. Heute ist Fischer zufrieden. Er hat in die Sanierung seines Hauses zwar noch rund 150.000 Euro stecken müssen. "Aber ich habe mit der Saga nichts mehr zu tun."

Vor zehn Jahren hatte der CDU-geführte Senat das Privatisierungsprogramm "Endlich meins!" aufgelegt. Dabei bot die Saga GWG ihren Mietern an, das von ihnen bewohnte Reihenhaus oder ihre Wohnung zu kaufen. Viele der Angesprochenen waren junge Familien oder "Schwellenhaushalte", die auf dem freien Markt sich nie hätten ein Haus leisten können. 2594 Objekte - 1817 Reihenhäuser und 777 Eigentumswohnungen - verkaufte die Saga seitdem.

Das Geschäft unterlag dabei strengen Regeln. So durfte die Immobilie nur an die jeweiligen Mieter oder deren Verwandte in gerader Linie veräußert werden. Wer nicht kaufen wollte, musste nicht um seinen Mietvertrag fürchten. Auch war der Verkauf vermieteter Wohnungen an Dritte, an Kapitalanleger oder Spekulanten untersagt. Im vergangenen Frühsommer stoppte der SPD-Senat das Programm. Dirk Kienscherf, Stadtentwicklungsexperte der SPD-Bürgerschaftsfraktion, erklärte dazu lediglich: "Grundsätzlich ist jeder Verkauf wohnungspolitisch falsch."

Weil die Lage auf Hamburgs Wohnungsmarkt als angespannt gilt, schrieben sich die Sozialdemokraten sozialen Wohnungsbau auf die Fahnen. Bis zu 2000 neue Sozialwohnungen sollen es jährlich sein, erklärt Bausenatorin Jutta Blankau immer wieder. Jährlich stellt sie dafür rund 100 Millionen Euro zur Verfügung. Gegenwärtig ist nur gut jede zehnte der fast 900.000 Wohnungen in der Hansestadt eine Sozialwohnung.

Andreas C. Wankum ist Immobilienentwickler und CDU-Abgeordneter in der Bürgerschaft. Er weiß um die Brisanz des Themas, und darum, dass quer durch alle Parteien der soziale Wohnungsbau Anhänger hat. Wankum hat nichts dagegen. Er hält es aber für sinnvoller, wenn der Staat seine Fördermittel darauf konzentriert, jungen Familien oder Haushalten mit geringerem Einkommen den Kauf einer Wohnung oder eines Häuschens zu ermöglichen. "Die aktuelle Situation mit ihren niedrigen Hypothekenzinsen bietet eine gute Möglichkeit dazu", sagt Wankum.

Der Unternehmer hat ausgerechnet, dass derzeit beim Bau einer normalen Wohnung die durchschnittliche Zinsbelastung pro Quadratmeter bei 7,50 Euro liegt. Ein Quadratmeterpreis also, den viele Hamburger bei ihrer Miete ohnehin zahlen. In diese Berechnung seien eine staatliche Förderung und die (preis)günstige Abgabe städtischer Grundstücke noch nicht einbezogen. Warum also sollte die Stadt nicht junge Familien auch beim Kauf einer Eigentumswohnung fördern?

Den Anstoß dafür, mit seinen Gedanken an die Öffentlichkeit zu gehen, erhielt Wankum bei der Klausurtagung der CDU-Bürgerschaftsfraktion im vergangenen November. Die Fraktion war in Norwegens Hauptstadt Oslo gefahren und hatte sich mit Bürgermeister Fabian Stang getroffen. "Oslo hat - ähnlich wie Hamburg - das Problem, dass mehr und mehr Menschen zuziehen und eine Wohnung benötigen", sagt Wankum. Aber statt massiv auf sozialen Wohnungsbau zu setzen, favorisieren die norwegischen Christdemokraten die Schaffung von Wohneigentum.

"Kombiniert man die derzeit niedrigen Hypothekenzinsen mit den Fördermitteln der Stadt, ergibt sich eine einmalig günstige Situation", sagt Wankum. Dann können sich auch jene eine Eigentumswohnung oder ein eigenes Haus leisten, die auf dem freien Markt chancenlos sind. Wankum hält privates Wohneigentum zudem für einen wichtigen Beitrag für eine soziale Stadtteilentwicklung. "Wer eine Wohnung oder ein Haus besitzt, der kümmert sich auch um sein Quartier."

Der Hamburger Architekt Joachim Reinig dürfte zwar eher einem anderen politischen Lager als Wankum angehören, kommt aber in einem Gespräch über Baugenossenschaften zu einem ähnlichen Schluss. "Es fällt auf, dass es in sozialen Brennpunkten zu wenige Genossenschaften gibt", sagt er "In Gebieten wie dem Osdorfer Born wäre es gut, wenn Mieter einen Hauseingang kaufen und selbst verwalten könnten."

Auch Reinig glaubt, dass Menschen, die eigenes Geld in eine Immobilie gesteckt haben, sorgfältiger damit umgehen. "Es ist gut, wenn Menschen Verantwortung übernehmen." Genossenschaften sind dabei ein gutes Vorbild, weil sie - historisch gesehen - als Selbsthilfeprojekte gegründet wurden. Als im 19. Jahrhundert die Wohnbedingungen für Arbeiter miserabel waren, schlossen sie sich zusammen, um selbst ihr Problem zu lösen. "Die Arbeiter haben nicht gewartet, bis jeder Einzelne genug Geld für den Bau einer Wohnung hatte", sagt Reinig. Sie bauten gemeinsam Wohnhäuser und entwickelten ein Solidarsystem, das über die rein geschäftliche Verbindung hinaus funktionierte. "Im Kern übernahmen die Menschen Verantwortung für ihr Leben und für ihre Wohnsituation." Genossenschaften waren zudem die Möglichkeit für einkommensschwache Menschen, auf Lebenszeit sicheres Wohnen in den eigenen vier Wänden zu schaffen.

Der von der SPD veranlasste Stopp des Privatisierungsprogramms "Endlich meins!" bezog sich im Übrigen nicht auf Immobilien, die zu diesem Zeitpunkt bereits angeboten wurden. Daher veräußerte die Saga GWG im vergangenen Jahr noch 356 Objekte.

Das von der Wohnungsgesellschaft geforderte Mindestgebot sei inzwischen deutlich gestiegen, sagt Fischer. "Damit können es sich aber einfache Haushalte nicht mehr leisten, so ein Häuschen zu kaufen." Die Folge kann der Architekt in seiner Nachbarschaft beobachten: "Da ziehen vor allem wohlhabende Familien ein."