Jürgen Fitschen, Co-Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, kritisiert in Hamburg die Ermittler und weist Vorwürfe gegen sich zurück.

Hamburg. Eine Razzia in seiner Firmenzentrale wegen angeblicher Steuerhinterziehung gehört nicht zu den Themen, die sich ein Bankchef für seine Rede auf einem Neujahrsempfang des Instituts wünscht. Dennoch gelang Jürgen Fitschen, Co-Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, noch ein selbstironischer Einstieg in die entsprechenden Passagen seiner Ansprache: "Ich habe vor Weihnachten mehr Aufmerksamkeit erhalten, als mir lieb war", sagte er in Hamburg vor gut 250 Gästen, darunter Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD), der frühere Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) und Michael Otto, Aufsichtsratsvorsitzender des Versandhandelskonzerns Otto.

"500 teilweise vermummte, schwer bewaffnete Polizisten" hatten am 12. Dezember die Zwillingstürme der Bank in Frankfurt durchsucht. Sogar ein Hubschrauber war an dem Einsatz beteiligt. Fitschen ließ keinen Zweifel daran, dass er ein derart massives Vorgehen für "nicht angemessen" hält: "Ein kleiner Anruf hätte genügt."

Die Staatsanwaltschaft sah das offenbar anders. Die Ermittler gingen Berichten zufolge davon aus, dass ihnen in dem laufenden Verfahren wegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche Unterlagen vorenthalten wurden, unter anderem durch die Löschung von E-Mails. In dem Verfahren geht es um den Handel mit Luftverschmutzungsrechten (CO2-Zertifikate), die Vorwürfe betreffen Geschäfte aus dem Jahr 2009. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 25 Beschäftigte der Bank, darunter auch Fitschen.

Ins Kreuzfeuer der Kritik geriet er aber durch einen späteren Anruf beim hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU). Denn Fitschen machte sich nach eigenem Bekunden große Sorge über die Wahrnehmung der Vorgänge im Ausland, wenn Bilder und Berichte von bewaffneten Polizisten in der Bank um die Welt gingen. "Ich fühlte mich verpflichtet, das dem Ministerpräsidenten auch zu sagen", erklärte Fitschen und erntete spontanen Applaus von den Gästen des Neujahrsempfangs.

Der Anruf war jedoch von verschiedenen Seiten, unter anderem vom Deutschen Richterbund, so interpretiert worden, als habe der Bankchef versucht, Druck auf die Justiz auszuüben. "Das hat mich sehr betroffen gemacht", sagte Fitschen. Schließlich habe er den Anruf "nicht im Affekt" getätigt. "Die Unabhängigkeit der Rechtspflege ist auch für mich ein hohes Gut", stellte Fitschen klar. "Aber wir werden von der Stadt Frankfurt und von der Landesregierung immer gefragt, wie wir Frankfurt als internationalen Finanzplatz voranbringen können. Ich kann nur sagen: So nicht." Die Razzia sei "für Deutschland beschämend".

Fitschen wies die Vorwürfe gegen ihn entschieden zurück: "Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen." Er bat die Hamburger Kunden um ihr Vertrauen und versprach: "Ich werde Sie nicht enttäuschen." Es könne aber noch einige Zeit dauern, bis der Verdacht offiziell ausgeräumt sei - "und ich glaube nicht, dass es von der anderen Seite dann eine Entschuldigung geben wird."

Um künftig möglichst keine Ansatzpunkte für Anklagen oder öffentliche Kritik mehr zu bieten, hatten Fitschen und Co-Chef Anshu Jain einen Kulturwandel des Instituts in Aussicht gestellt. "Wir haben das Vertrauen der Öffentlichkeit durch Fehler in der Vergangenheit aufs Spiel gesetzt und müssen es jetzt zurückgewinnen", sagte Fitschen und nannte ein Beispiel für bereits eingeleitete Maßnahmen: "Wir haben den Eigenhandel eingestellt, auch weil er gesellschaftlich keine Akzeptanz mehr findet."

Für die Metropolregion gab Olaf Meuser, Mitglied der Geschäftsleitung der Deutschen Bank Hamburg, einen positiven Ausblick in das neue Jahr: "Für unsere mittelständischen Kunden hier in Hamburg und in der Region bin ich zuversichtlich, sie profitieren weiter von der Internationalität unserer Stadt und von gut entwickelten Technologiestandorten." Das Institut sei im vergangenen Jahr sehr erfolgreich im Baufinanzierungsgeschäft gewesen, "und das erwarten wir auch für 2013". Meuser verkündete zudem eine Personalie: Rainer Grähling wird Nachfolger von Frank Schriever als Geschäftsleiter für den Bereich der vermögenden Privatkunden. Schriever rückt in das bundesweite Führungsgremium für diesen Bereich mit erweiterter regionaler Verantwortung auf, Dienstsitz bleibt Hamburg.