Der Hamburger Senat erleichtert das Abarbeiten von Geldstrafen für Mittellose. 70 Menschen sitzen ein, weil sie Strafe nicht zahlen können.

Hamburg. Hamburger Straftätern wird das Abarbeiten von Geldstrafen erleichtert. Damit soll verhindert werden, dass Mittellose tageweise ins Gefängnis müssen, weil sie nicht in der Lage sind, die Strafe zu begleichen. Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) hat jetzt eine entsprechende Verordnung unterzeichnet. Statt einen Tag im Gefängnis einzusitzen, können verurteilte Straftäter künftig fünf Stunden gemeinnützig arbeiten. In besonderen Härtefällen reichen auch drei Stunden zum Abarbeiten eines Tagessatzes. Als Härtefälle gelten nach der neuen Regelung Alleinerziehende, Menschen mit körperlicher Behinderung, langfristigen Erkrankungen, Drogen- oder Alkoholabhängigkeit - ebenso wie Teilnehmer von Bildungs- oder Eingliederungsmaßnahmen. Bisher musste ein Straftäter sechs Stunden arbeiten, um einen Tagessatz zu tilgen. Und als Härtefälle galten lediglich Schwerbehinderte.

Bisher allerdings ist das Abarbeiten von Geldstrafen, das etwa bei Verurteilungen wegen leichter Körperverletzung oder kleineren Diebstählen möglich ist, häufig gescheitert. Von 18.000 Verurteilungen im Jahr 2011 waren 15.000 Geldstrafen. 800 davon wurden mit rund 27.000 Tagessätzen ganz oder teilweise durch gemeinnützige Arbeit getilgt. Die Abbruchquote lag jedoch bei rund 40 Prozent. Die meisten Abbrecher waren Personen, die Bildungs- oder Eingliederungsmaßnahmen absolvierten und deshalb doppelt belastet waren. Durch die neue Regelung soll die Abbrecherquote nun deutlich reduziert werden.

"Auch durch kurze Freiheitsstrafen können Menschen ihre Arbeit oder ihre Wohnung verlieren", so die Justizsenatorin. "Sie werden entwurzelt und geraten oft in einen Abwärtsstrudel. Zukünftig können wir mehr Menschen in gemeinnützige Arbeit vermitteln. Das hilft den Gefangenen und dem Justizhaushalt."

Derzeit sitzen rund 70 Gefangene in der Justizvollzugsanstalt Billwerder ein, weil sie Geldstrafen nicht bezahlen konnten. Dadurch entstehen der Stadt Kosten von 150 Euro pro Hafttag. Eingesetzt werden die Täter, die ihre Strafen abarbeiten wollen, für gemeinnützige Tätigkeiten bei rund 300 Einrichtungen. Typisch sind laut Justizbehörde "Hilfstätigkeiten in Kirchengemeinden, auf Sportplätzen, in Sportstadien, in Zusammenarbeit mit Hausmeistern an Schulen, bei der Unterstützung von Einrichtungen der Altenhilfe, Aufenthaltsstätten für Obdachlose, in Bürgerhäusern oder Nothilfeeinrichtungen wie Deutsches Rotes Kreuz und Johanniter". Dabei werden die Straftäter meist für einfache Tätigkeiten wie Gartenarbeiten, Anstreichen oder bei Ausgabe von Lebensmitteln eingesetzt - nur in Einzelfällen auch für Büroarbeit.

Bei der CDU stößt die Reform auf Zustimmung. "Wir begrüßen die Entscheidung", sagte der rechtspolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, André Trepoll. "Schwitzen statt sitzen, das ist das richtige Konzept."

Die Grünen dagegen übten Kritik an Schiedeks Entscheidung. "Dies ist ein hilflos wirkender Schnellschuss, der ohne große Wirkung verhallen wird", sagte Farid Müller, justizpolitischer Sprecher der Bürgerschaftsfraktion. "Statt planloser Einzelmaßnahmen braucht die Justiz endlich ein Konzept, wie solche Ersatzfreiheitsstrafen vermieden werden können."

Das Problem mit den Ersatzstrafen liege tiefer, so Müller. "Viel zu häufig wird die gemeinnützige Arbeit abgebrochen. Die Betroffenen brauchen deshalb eine Begleitung bei der Tätigkeit, eine alleinige Reduzierung hilft nicht. Hier lohnt es sich für die Stadt, etwas zu investieren." Erst im Dezember habe die Bürgerschaft auf Vorschlag der Grünen die Senatorin zum zweiten Mal aufgefordert, endlich ein Konzept für dieses Problem zu liefern, sagte Müller. Die Frist des Parlaments laufe bis zum März 2013.

Auch in Nordrhein-Westfalen wird derweil über eine Veränderung des Strafenkatalogs nachgedacht. Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) forderte die Strafmöglichkeiten zu erweitern. "Denken wir zum Beispiel an einen vermögenden Steuerstraftäter - ich glaube nicht, dass den eine Geldstrafe effektiv genug trifft", so der Minister. In manchen Fällen wäre ein langjähriger Entzug der Fahrerlaubnis wesentlich nachhaltiger. Gewaltbereite Fußballfans müssten "mit einem strafbewehrten Stadionverbot aus den Stadien ferngehalten werden", so der Minister.