Eine Glosse von Elisabeth Langer

Als in diesem Herbst das Thema Weihnachtsmann auf den Tisch kam, flossen Tränen. Jahrelang hatte er zuverlässig zu Heiligabend an unsere Tür gepoltert, bevor er schwer beladen hereingestiefelt kam. Einmal hatte er sich ein blau-weiß gestreiftes Kissen unters Kostüm gesteckt, um seiner schmächtigen Figur einen Wanst zu verleihen: dass der rote Mantel jedoch vorne aufgeklafft war und er wie Obelix aussah, fiel erst hinterher auf dem selbst gedrehten Video auf.

Seit Jahren quengeln die Großeltern und die übrige Verwandtschaft, so langsam müsse es ja mal genug sein, die Kinder seien schließlich zu groß für diesen Mumpitz. In Wahrheit wollen sie bloß einmal persönlich für ihre Geschenke gelobt werden.

Also, wie sagt man es seinem Kinde, dass es den Weihnachtsmann nicht wirklich gibt? Zumal, wenn die Söhne zehn und 13 Jahre alt sind? Eben. Man sagt gar nix, denn sonst gibt es nur Tränen. Das Thema ist tabu, denn manchmal ist glauben eben viel schöner als wissen. So sind wie in jedem Jahr die Briefe an den Weihnachtsmann geschrieben - inklusive der Bitte, den Sack nicht einfach bloß abzustellen. Dafür wollen ihm die Söhne auch einen Espresso kredenzen.

Dummerweise ist jedoch unser langjähriger Weihnachtsmann ausgewandert. Nach New York! Und von dort ist der Weg ja noch viel weiter als der von Lappland. Mit dem Espresso wird es daher wohl nichts werden. Aber sein Sack wird ganz sicher vor unserer Tür stehen: ein großer, roter Samtbeutel, den ich neulich im Keller wieder entdeckt habe, und der sich auf wundersame Weise füllen wird. Man muss einfach nur fest daran glauben.