Unter den Risiken beim Bau der Elbphilharmonie ist die Akustik im Konzertsaal das größte. Kosten betragen 198 Millionen Euro mehr als geplant.

Hamburg. Das Objekt der Begierde hüllte sich am Montag in Dunst und Nebel. Obwohl mit 110 Meter Höhe kaum zu übersehen, verschwamm die Elbphilharmonie meist mit dem Grau des Himmels und der trüben Elbe.

Das Bild passt zur Situation: Zwar hat Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) Klarheit geschaffen und mitgeteilt, dass Hochtief das Konzerthaus für 575 Millionen Euro - 198 Millionen mehr als bisher kalkuliert - zu Ende bauen soll. Doch viele Beobachter des seit Jahren anhaltenden Gerangels zwischen Stadt und Baukonzern fragen sich: Welche Risiken stecken in dieser Einigung?

Eines ist auffällig: Hochtief arbeitet zwar künftig mit den Architekten Herzog & de Meuron zusammen und übernimmt die Haftung für die gesamte Planung und Funktionsfähigkeit des Gebäudes. Bis auf einen Punkt: "Von der Haftungsübernahme ausgeschlossen" sei die Akustikplanung, heißt es im Angebot an die Stadt. Mit anderen Worten: Die Baufirma garantiert die Errichtung des Gebäudes zu einem festen Preis und zu einem festen Termin - 30. Juni 2016 -, aber ob "eines der besten Konzerthäuser der Welt" am Ende auch so klingt oder nur so aussieht, dafür übernimmt der Baukonzern keine Haftung. Dieses Risiko liegt zumindest teilweise bei der Stadt.

Der Grund liegt auf der Hand: Die Akustikplanung stammt von der japanischen Firma Nagata Acoustics beziehungsweise deren Klangguru Yasuhisa Toyota. Hochtief werde zwar alles genauso bauen, wie Herr Toyota sich das ausgedacht habe, so Hochtief-Sprecher Berndt Pütter. "Aber ob die Akustik dann den Ansprüchen genügt, können wir nicht beurteilen." Daher könne man dafür auch keine Garantie übernehmen.

"Eine zusätzliche Haftung übernimmt Hochtief nicht", stellte Karl Olaf Petters, Sprecher der Kulturbehörde, klar. Grundsätzlich trage Nagata für die seit Anfang 2012 abgeschlossene Planung "auch weiterhin die Verantwortung". Aufgabe von Hochtief sei es, diese Planung "perfekt" umzusetzen. Sollte es vor der Eröffnung 2017 aber Probleme geben, die nicht auf Baumängel zurückzuführen sind, stehe künftig die Stadt in der Verantwortung, das mit Nagata auszufechten. Allerdings dürfte das schwierig werden, räumt Petters ein: "Ob Akustik herausragend oder gar optimal ist, lässt sich objektiv nicht definieren." David Koch, verantwortlicher Projektplaner bei Herzog & de Meuron, sagte: "Wir haben bei der konzeptionellen Planung die größtmögliche Sorgfalt angewandt, jetzt müssen wir es bauen."

Der Akustikplaner Toyota gilt international als einer der besten Spezialisten auf diesem heiklen Gebiet. Zu seinen derzeitigen Aufgaben zählt auch die Verbesserung der Akustik im Opernhaus von Sydney, dessen ursprünglicher Saalklang berüchtigt schlecht war. Als Toyota-Renommierprojekt gilt die Walt Disney Concert Hall in Los Angeles. Allerdings müssen kleinere Akustikmängel bei elektronisch verstärkten Konzerten mit Vorhängen im hinteren Teil des Saals behoben werden.

Beim Bau des Klangkörpers Elbphilharmonie geht es um eine Menge Geld. Allein die Kosten für die "Weiße Haut", die Verkleidung des Saals mit Tausenden weißen Gipsplatten, belaufen sich auf 15,3 Millionen Euro - kalkuliert waren anfangs 3,5 Millionen Euro. Große Teile dieser Haut sind bereits produziert, lagern in Containern im Hafen, und werden dort noch einige Jahre liegen. Das aber ist wiederum nicht das Problem der Planer, sondern von Hochtief und seinem Lieferanten. Grünen-Fraktionschef Jens Kerstan sieht daher "viele ungeklärte Risiken" in der Vereinbarung mit Hochtief, "gerade beim Innenausbau, der jetzt beginnt".