Die Baugenossenschaft nutzt ein politisches Schlupfloch. Eine Bürgerinitiative will das Ensemble am Elisabethgehölz erhalten.

Hamburg. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Das gilt auch am Elisabethgehölz in Hamm. Seit mehr als einem Jahr kämpfen die Mieter des Backsteinensembles gegen den Abriss ihrer in den 1920er-Jahren entstandenen Wohnanlage. Sie haben in Mieterversammlungen mit dem Vorstand der Vereinigten Hamburger Wohnungsbaugenossenschaft (vhw) gestritten. Sie haben versucht, die Öffentlichkeit aufzurütteln. Sie haben Vorschläge gemacht - zum Beispiel jenen, einen Teil der rund 60 leer stehenden Wohnungen befristet an Studenten zu vermieten.

Am Montag haben Vertreter der Bürgerinitiative "Rettet Elisa" beim vhw-Vorstand Marco Hahn 40 Unterschriften übergeben und damit ihrer Forderung nach einer Sanierung des Ensembles Nachdruck verleihen. Die vhw-Oberen präferieren bislang den Abriss der Wohnblocks und den Neubau der rund 120 Wohnungen.

"Wir wollen eine Lösung, die möglichst die Interessen vieler Menschen berücksichtigt", sagt vhw-Vorstand Hahn. Dazu gehöre, dass man sich allen 15.000 Mitgliedern der Genossenschaft verantwortlich fühle. Dazu gehöre, sparsam mit finanziellen Mitteln umzugehen, was bedeutet, betriebswirtschaftlich zu denken.

Dieses "betriebswirtschaftliche" Denken könnte für Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau (SPD) zum Problem werden. Denn der vhw-Vorstand nutzt in Hamm ganz legal die Fördermittel aus der Wohnungsbauoffensive des SPD-Senats - und zwar nicht etwa, um zusätzliche Wohnungen zu errichten. Vielmehr sollen aus alten, sanierungsbedürftigen Wohnungen neue und damit teurer vermietbare Einheiten werden.

Die Wohnanlage Elisa ist eine jener Backsteinbauten, die Experten zum "roten Gesicht Hamburgs" zählen. Vor allem die Fassade mit ihren halbrunden Erkern, den Sprossenfenstern und den versetzten Backsteinen steht für das baukulturelle Erbe der Stadt. Die Wohnungen sind mit durchschnittlich 50 Quadratmetern ungewöhnlich klein und mit einem Mietpreis von 4,50 Euro pro Quadratmeter ziemlich günstig.

Für den Architekten Joachim Reinig, der die Bürgerinitiative berät, wird durch dieses Vorgehen das Wohnungsbauprogramm des Senats - jährlich sollen rund 6000 Wohnungen errichtet werden - unterhöhlt. "Es entstehen keine zusätzlichen Wohnungen", sagt er. "Stattdessen werden billige Wohnungen, die der Eigentümer jahrelang vernachlässigt hat, abgerissen und auf Kosten des Steuerzahlers durch teure Wohnungen ersetzt." Um seine These zu belegen, hat Reinig sich die von der vhw vorgelegten Finanzierungsmodalitäten genauer angeschaut und verglichen, welche Kosten die Genossenschaft bei einer Sanierung und welche Kosten sie bei einem Neubau tragen müsste.

Bei einem Neubau summieren sich die Kosten auf rund 24,4 Millionen Euro. Weil öffentlich geförderte Wohnungen entstehen sollen, kann die vhw 80 Prozent der Kosten über Fördermittel und Kredite finanzieren. Da die Genossenschaft den Grundstückswert gegenrechnen könne, müsse sie bei einem Neubau lediglich rund 2,5 Millionen Euro aufbringen, sagt Reinig. Die Stadt stellt zinsgünstige Kredite und Zuschüsse in Höhe von rund 13,5 Millionen Euro zur Verfügung.

Die Sanierungskosten beziffert die vhw mit etwa 11,4 Millionen Euro. An Fördermitteln würde die Stadt lediglich drei Millionen Euro zur Verfügung stellen. Die Genossenschaft müsste 7,4 Millionen Euro aufbringen - also fast vier Millionen Euro mehr als bei einem Neubau. "Betriebswirtschaftlich gesehen ist die Sanierung leider teurer", sagt vhw-Chef Hahn. "Die öffentlichen Fördermöglichkeiten liegen derzeit deutlich mehr im Bereich des Neubaus."

Aus Sicht der Genossenschaft wäre ein Neubau nicht nur günstiger, sondern auch nachhaltiger. Man hätte ein neues Gebäude mit größeren und moderneren Wohnungen, sagt Hahn. Zudem läge bei einer Neuvermietung der Quadratmeterpreis bei 5,90 Euro und damit unter den sieben Euro, die nach einer Sanierung fällig würden.

Für künftige Mieter besteht das eigentliche Problem allerdings darin, dass die kleinen und daher besonders günstigen Wohnungen wegfallen. Um in den Genuss der staatlichen Förderung zu kommen, muss die Genossenschaft größere Wohnungen errichten.

"Im Vergleich zu heute wird die Miete doppelt so hoch ausfallen", sagt Architekt Joachim Reinig. "Und das natürlich nur, weil die Wohnungen dann flächenmäßig größer sind." Dass auch eine Sanierung für die Mieter nicht billig werde, sei inzwischen akzeptiert, fügt Architekt Reinig hinzu. "Die sieben Euro pro Quadratmeter bedeuten eine Erhöhung um bis zu 50 Prozent."

Ein Ende des Streits ist nicht in Sicht, auch wenn vhw-Chef Marco Hahn bis Februar 2013 eine Entscheidung anstreben will.

Die Hoffnung der Bürgerinitiative "Rettet Elisa", die den Rotklinker erhalten will, ruht jetzt auf der Bausenatorin. Denn nur Jutta Blankau kann jetzt noch dafür sorgen, dass die Wohnungsbaukreditanstalt den Förderantrag der Genossenschaft ablehnt. Einen gesetzlichen Anspruch auf Förderung gibt es nämlich nicht.