Um dem Gemessenen eine Maßangabe zuzuordnen, kann man sich leicht im Labyrinth der deutschen Grammatik verlaufen

Wer hoch über dem Heiligengeistfeld 20 Minuten lang kopfüber in einer Gondel hängt, der macht sich Gedanken über das nackte Leben in einem dieser supermodernen Fahrgeschäfte auf dem Dom, die mit dem Karussell unserer Kindheit so viel zu tun haben wie ein Luftballon mit einer Mondrakete. Die Grammatik im Aufmacher des Abendblatts "Gefangen in 68 Meter Höhe" ist dann eher Nebensache.

Aber nicht für einige Leser. Wo hängen sie? Präposition mit Dativ, also in 68 "Metern" Höhe, meinen sie. Auch das Abendblatt ist - leider - nicht ganz fehlerfrei, doch in diesem Fall hat es recht. Wenn bei Maß-, Mengen- und Münzeinheiten das Gemessene folgt, wird die Maßangabe, sofern es sich um ein Maskulinum oder Neutrum handelt, nicht flektiert: also in 68 Meter Höhe, wenn sie jedoch allein steht: in einer Höhe von 68 Metern.

Ebenso: In zehn Kilometer Entfernung konnte man den Knall hören (oder: in einer Entfernung von zehn Kilometern), ein Display mit 1920x1080 Pixel Auflösung (oder: mit einer Auflösung von 1920x1080 Pixeln) bzw.: Er baute einen Zaun von zwei Meter Höhe. Fällt das Gemessene ganz weg, wird die Maßangabe dekliniert: Mit fünf Litern kommen wir nicht aus (aber: mit fünf Liter Benzin). Von den fünf Zentnern müssen wir den Schwund abziehen.

Die Maßangabe mit Zahlwort und Maßbezeichnung erscheint in der Regel im Nominativ Singular, selbst wenn die Gesamtmenge einen Plural ergäbe: drei Glas Kölsch, vier Maß Bier, fünf Sack Hafer, zwei Pfund Mehl, sieben Paar Schuhe, zehn Grad Kälte, drei Block Papier, fünf Stück Holz oder: Es meldeten sich nur drei Mann (nicht: Männer).

Handelt es sich jedoch um Feminina als Maß- oder Münzbezeichnungen (die Flasche, die Tasse), so erhalten sie immer eine Pluralendung: zwei Flaschen Wein, drei Tassen Kaffee, vier Kannen Wasser, 1000 Tonnen Heizöl. Bei einigen fremden Einheiten schwankt der Gebrauch: fünf Yard neben fünf Yards, zehn Inch neben zehn Inches. Münzbezeichnungen stehen im Allgemeinen im Singular: Das kostet 200 Euro (nicht: Euros) oder 50 Cent (nicht: Cents). Wenn Klein Erna fünf Cent in ihr Sparschwein steckt, dann steckt sie ein Fünf-Cent-Stück in den Schlitz, wenn sie aber fünf Cents sparen will, so muss sie dem Schweinchen fünf einzelne Ein-Cent-Münzen anvertrauen. Damit die Regel nicht zu einfach wird, gibt es bei Fremdwährungen Ausnahmen. Es heißt vier Pesos (Sing.: Peso) oder zehn Lei (Sing.: Leu).

Bildet sowohl die Maßangabe als auch das Gemessene den Genitiv mit -s, so wird die Aufeinanderfolge zweier starker Genitive vermieden: der Mineralgehalt eines Glases Wasser (selten: eines Glas Wassers), die Kalorien eines Tropfens Öl (selten: eines Tropfen Öls), der Preis eines Pfundes Fleisch oder: um eines Stückes Brot willen. Man darf nicht beide Bestandteile in den Genitiv setzen (nicht: der Preis eines Pfundes Fleisches), und noch schlimmer ist es, ihn ganz zu unterschlagen (nicht: wegen eines Glas Wasser), wie man es häufig in der Umgangssprache hört, wenn sich jemand im Labyrinth der Deklination verlaufen hat und mitten im Satz ins Stottern gerät. Das Gemessene steht häufig allein mit einem Zahlwort, während die Maßbezeichnung weggelassen wird. Das erleichtert besonders die Bestellung beim gestressten Kellner, wenn man sie ihm quer durch das Lokal zuruft: zwei Kaffee, drei Bier, drei Eis, vier Korn . Eingebürgert hat sich zudem, nur die Zahl zu nennen: Mein Sohn ist sechs, hier darf man nur 30 fahren.

Das Dutzend in der Bedeutung "Anzahl von zwölf Stück" sollten wir als Substantiv auffassen und deshalb großschreiben: zwei Dutzend Eier. "Dutzend" wird flektiert, wenn der Fall nicht durch ein anderes Wort festgelegt ist: Dutzende von Eiern, aber: einige Dutzend Eier. Nach "Dutzend" steht das Gezählte meistens im gleichen Kasus, nicht im Genitiv: ein Dutzend hart gekochte Eier, mit drei Dutzend frischen Eiern (nicht: frischer Eier).

Nun kommen wir zur Kongruenz (zur sprachlich formalen Übereinstimmung): Ein Dutzend Eier kostet oder kosten drei Euro? Oder: Eine Million Hamburger feiert oder feiern Weihnachten zu Hause? Korrekt ist auf jeden Fall der Singular. Wenn aber die Vielzahl des Gemessenen betont werden soll, darf das Verb auch im Plural stehen.