Der Jazz Echo kommt an die Elbe, die lokale Szene schaut zu

Jazz Echo? Was ist das denn? Allzu still und leise blieb bislang die Resonanz auf die Feierlichkeiten für den seit 2010 auch im Jazz vergebenen deutschen Musikpreis Echo, als dass die öffentlichkeitshungrige Branche damit zufrieden sein konnte. Gestern zeigten sich selbst Leute, die beruflich Zeitung lesen, von der schieren Existenz des Jazz Echo überrascht.

Dass die Preisverleihung, die erst in Bochum und danach zweimal in Dresden stattfand, ab 2013 für zunächst drei Jahre in der Medienstadt Hamburg abgehalten werden soll, ist eine Chance für das Genre. Denn der Jazz, aus dem Fernsehen nahezu ganz verschwunden und im Hörfunk nur noch im späten Abendprogramm zu finden, darf sich so wenigstens einmal im Jahr eine größere Aufmerksamkeit erhoffen. Eine gute Nachricht für alle, die sich ungeachtet der schwierigen Marktbedingungen auch heute noch der risikoreichen Arbeit der Produktion und Verbreitung der Minderheitenmusik Jazz auf Tonträgern widmen.

Der Echo soll am 23. Mai in der Fischauktionshalle verliehen werden, am Vorabend des Elbjazz-Festivals. Unbestreitbar hat dieses Festival gemeinsam mit dem herbstlichen Pendant Überjazz die Stadt Hamburg aus ihrem Ganzjahresschlaf in Sachen Popularisierung des Jazz erweckt. Und wenn jetzt der Echo dazukommt, dann ist das eine feine Sache.

Die Stadt lässt sich ihre Gastgeberschaft für die Vertreter der Plattenindustrie 100.000 Euro pro Jahr kosten. Warum? Will sie Plattenfirmen zur (Wieder-)Ansiedlung in Hamburg locken? Angesichts eines Volumens von derzeit 90.000 Euro jährlich für die Aktivitäten des Jazzbüros Hamburg, das sich um alle Belange der lokalen Szene kümmern soll, und angesichts des von der Stadt ebenfalls sehr kärglich ausgestatteten Jazz-Studiengangs an der Hochschule für Musik und Theater ruft die Gebefreudigkeit für eine einzige Abendveranstaltung von überschaubarem Glamour gemischte Gefühle hervor. Das Jazzbüro mahnt an, die Verleihung dürfe "keine isolierte Veranstaltung" sein, und wünscht sich die "Einbeziehung der Hamburger Jazz-Szene". Tatsächlich sollte sie mehr fordern als nur ein paar Krümel von der Torte.