Vorurteile machen Migranten die Bewerbung schwer

Vorurteile halten sich oft hartnäckiger in unseren Köpfen als Rotweinflecken auf hellem Teppichboden. Manchmal ist das gut, denn eine vorgefasste Meinung kann hilfreich sein, um die Welt zu verstehen und zu ordnen, was um uns herum geschieht. Meistens sind Vorurteile aber schlecht. Vor allem dann, wenn es überholte oder unwahre Stereotype sind, durch die wir andere Menschen ungerecht behandeln.

Wie hartnäckig sich schlechte Vorurteile über Zuwanderer halten, ist nicht erst seit Ex-Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin und seinen umstrittenen Thesen bekannt. Überraschend ist aber, wie stark sie sich offenbar auch bei denen im Kopf festgesetzt haben, die es eigentlich besser wissen müssten: Firmenchefs, Personalverantwortliche, Unternehmer - also alle die, denen vor allem wichtig sein muss, was ihr Mitarbeiter kann. Und nicht, wie er aussieht oder heißt.

Eine neue Studie der Industriestaaten-Organisation OECD bescheinigt Deutschland zwar Fortschritte bei Integration von Zuwanderern, zeigt aber auch, dass vor allem hoch qualifizierte Migranten gravierende Nachteile auf dem deutschen Arbeitsmarkt hinnehmen müssen, weil sie nicht als hoch qualifiziert wahrgenommen werden. So müssen Menschen mit ausländischen Wurzeln im Schnitt dreimal so viele Bewerbungen schreiben wie Einheimische, bis sie einen Job finden. Vorurteile erschweren ihren Erfolg - und auch den des Unternehmens, dem möglicherweise ein passender, motivierter Bewerber entgeht.

Diese Ergebnisse sollten ein weiteres Argument für ein Verfahren sein, das bereits in mehreren Pilotprojekten mit Erfolg getestet wurde: die anonymisierte Bewerbung ohne Foto, Namen, Alter, Herkunft und Geschlecht. Sie kann all denen eine Chance geben, die es nicht schaffen, in die engere Wahl zu kommen, obwohl die fachliche Eignung und die Leistung stimmt. Fraglich ist ohnehin, warum Bewerber in Deutschland so viel mehr private Details über sich preisgeben müssen als Bewerber etwa in den USA. Eine Umstellung ihrer Auswahlprozesse ist für die Unternehmen zwar schwer - die Beseitigung der Vorurteile wäre aber deutlich schwerer.