Hamburgerinnen unterstützen mit ihrer Modefirma Beliya auch Schulkinder in Afrika. Erstes Ladengeschäft übernimmt Taschen ins Programm.

Hamburg. Sie kennen sich seit ihrer Jugend, gingen zusammen auf das Gymnasium Hummelsbüttel, studierten dann mit Betriebswirtschaftslehre das gleiche Fach an der gleichen Universität und schrieben danach ihre Doktorarbeit. Heute sitzen die beiden Freundinnen Annika Busse,33, und Andrea Noelle, 34, im Haus von Busses Eltern in Wellingsbüttel - und arbeiten an ihrem gemeinsamen Unternehmen.

Die zwei qualifizierten Managerinnen haben Karrieren etwa bei Beiersdorf im Bereich Unternehmensstrategie, bei Henkel oder auch Jil Sander an den Nagel gehängt, um nun mit selbst gefertigten Taschen Kindern in Afrika einen Schulbesuch zu finanzieren. "Natürlich wollen wir damit auch Geld verdienen, aber mindestens die Hälfte unseres Gewinns geht an die Schulen in Afrika", sagt Annika Busse.

Das Konzept der beiden Gründerinnen und ihrer Firma Beliya ist ungewöhnlich, denn sie arbeiten mehrheitlich mit Materialien, die keiner mehr haben will. "Das Leder bekommen wir von einem großen Möbelhersteller aus Süddeutschland. Er hat uns angeboten, Lederbezüge zu übernehmen, die wegen Produktionsfehlern aussortiert werden müssen", sagt Andrea Noelle. Das komme vor, etwa wenn ein Stück verkehrt zusammengenäht wurde. Das hochwertige Leder, das strapazierfähiger ist als Handtaschenleder, kaufen die Gründerinnen zum Kilopreis. Den Stoff haben die Jungunternehmerinnen von Designern erworben. Auch hier geht es um die Verwertung von Resten. "Wir kauften nach einem Kollektionswechsel die übrig gebliebenen Stoffrollen", sagt Busse. "Der jetzige Stoff für die Taschen stammt von Valentino." Nur das Metallschild an der Tasche mit dem Firmenlogo Beliya ist nagelneu.

Gefertigt werden die Taschen von einer Fabrik in Ungarn. Eine Clutch - eine kleine henkellose Handtasche - ist im firmeneigenen Onlineshop www.beliya.de ab 59 Euro zu haben, das größte Stück kostet derzeit 279 Euro. Je teurer die Tasche ist, desto mehr überweisen die Unternehmerinnen an eine ihrer Partnerschulen in Burundi, Namibia oder Tansania. Mit dem Verkauf einer großen Tasche etwa wird das Schulgeld für ein Kind finanziert, mit kleineren zum Beispiel das Schulessen oder die Uniform. Handytaschen oder Schlüsselanhänger, die jeweils 29 Euro kosten, helfen bei der Bezahlung vom Schulbus und anderer Projekte. "Jede Tasche hat einen Anhänger, auf dem der Name des geförderten Kindes steht. Im Internet können Käufer sich auch ein Foto ihres Schützlings anschauen."

Warum nutzen zwei promovierte Frauen ihr Know-how nicht dazu, in einem Konzern Schritt für Schritt die Karriereleiter hinaufzusteigen? "Wir haben uns schon als Jugendliche für Themen wie Entwicklungshilfe interessiert", sagt Noelle. "Während des Studiums beschäftigten wir uns auch mit Muhammad Yunus und seinen Mikrokrediten für Existenzgründer in Entwicklungsländern", so Noelle, die ihre Doktorarbeit über das Thema schrieb. Am Ende kamen die beiden Frauen zu dem Ergebnis, dass Armut nur mit Bildung bekämpft werden kann. Sie machten sich auf den Weg. Busse arbeitete nach dem Studium in SOS-Kinderdörfern in Indien und Afrika. Noelle konnte bei der Deutsch-Chinesischen Handelskammer ein Projekt für Kinder von Wanderarbeitern betreuen. "In China durften damals Kinder nur in den Bezirken zur Schule gehen, in denen sie geboren wurden. Doch Kinder von Wanderarbeitern reisen mit den Eltern von Stadt zu Stadt." Mit Beharrlichkeit und Spenden konnte Andrea Noelle dann doch noch den Schulunterricht organisieren.

Knapp 200 Taschen haben die beiden Frauen seit ihrer Firmengründung vor drei Monaten verkauft. Damit konnten sie bereits rund 100 Kindern den Schulbesuch für ein Jahr lang sichern. Die drei Schulen werden entweder von einer Stiftung geführt oder von einem dafür gegründeten Verein. "Da versickert unser Geld nicht im Korruptionssumpf", so Busse.

Zudem hatten die beiden Frauen in Hamburg einen Erfolg. Als erstes stationäres Ladengeschäft hat die Hamburger Boutique Feldenkirchen die Taschen von Beliya ins Sortiment aufgenommen. "Unser Schwerpunkt ist das Onlinegeschäft. Aber wir freuen uns auch, wenn wir in einigen Städten jeweils einen Laden finden, der unsere Produkte verkauft", sagt Annika Busse. Vorteil sei, dass die Kunden die Taschen der beiden Hamburgerinnen in den Läden sehen und anfassen können. Die 200 Taschen reichen zwar noch nicht zum Leben, aber die beiden Frauen, die selbst Kinder haben, hoffen, dass die Erlöse schnell steigen werden.

Derzeit organisieren Busse und Noelle gemeinsam mit der Hamburger Modemarke Her Majesty von diesem Sonnabend an bis zum 1. Dezember an vier Tagen Verkaufsevents im Showroom des Modelabels in St. Georg. Die Termine sind unter www.her-majesty .de zu finden.