Die Steuerschätzung kann für Hamburg keine Richtschnur sein

Gerade ein halbes Jahr ist es her, dass die Steuerschätzer Hamburg Mehreinnahmen von einer Milliarde Euro prophezeiten. Gestern nun korrigierten sie sich um 770 Millionen Euro - nach unten. Das Beispiel verdeutlicht zweierlei: Erstens ist diesen Prognosen nicht zu trauen. Sie werden zwar seriös errechnet, aber halt immer nur auf Basis der aktuellen Daten, und die können sich sehr schnell ändern.

Zweitens zeigt sich an den Zahlen, dass ein kleiner Stadtstaat wie Hamburg in erster Linie ein Spielball der Weltwirtschaft ist. Die Krisen in EU-Ländern wie Griechenland und Spanien, die Konsumgüterproduktion in China oder der Dollarkurs haben größeren Einfluss auf die Hamburger Steuereinnahmen als alles, was die Stadt selbst beeinflussen kann. Für Hamburg mit seiner großen Abhängigkeit vom Handel allgemein und von der maritimen Wirtschaft im Speziellen bedeutet das in der Regel: Brummt die Weltkonjunktur, geht es uns überproportional gut, lahmt die Konjunktur, merken wir das stärker als andere.

Mit Blick auf diese Voraussetzungen hat der SPD-Senat vieles richtig gemacht. Er hat seine Finanzpolitik weitgehend von den Steuer-Schätzungen entkoppelt und orientiert sich stattdessen an den realen Einnahmen der vergangenen 20 Jahre. Und folglich hat er von der exorbitant positiven Mai-Prognose einen kräftigen "Vorsichtsabschlag" abgezogen. Beides zusammen führt dazu, dass die neue Schätzung keine hektischen Sparbemühungen auslösen muss.

Dennoch kann auch der Hamburger Senat noch mehr für die Einnahmeseite tun. Einige Beispiele, erstens: Beinahe täglich zeigt sich ein Steuersünder selbst an, aber die Zahl der Steuerfahnder wird dennoch nur minimal erhöht - trotz der Faustregel, dass sie pro Person und Jahr etwa eine Million Euro erwirtschaften. Zweitens: Für städtische Flächen im Hafen zahlen die Firmen eine Quadratmeter-Gebühr von 3,30 Euro - pro Jahr! Schon eine minimale Erhöhung würde Millionen in die Kasse spülen - und sicher kaum eine Firma vertreiben. Drittens: In der Innenstadt zahlt nur jeder fünfte Autofahrer Parkplatzgebühren. Das immerhin soll sich ab 2013 ändern - man darf gespannt sein.