Die Wohnungsnot in Hamburg wird zur Messlatte für Bürgermeister Olaf Scholz

Am Ende der Legislaturperiode werden Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz und sein Senat nicht daran gemessen werden, ob die Elbphilharmonie eröffnet (höchst unwahrscheinlich) oder die Elbe vertieft worden ist (auch nicht ganz leicht).

Nein, die entscheidende Frage wird sein, wie die Wohnraumsituation sich nach dann vier Jahren sozialdemokratischer Alleinherrschaft verändert hat. Von heute aus gesehen ist zu befürchten: Den entscheidenden Durchbruch wird es bis zur nächsten Bürgerschaftswahl nicht geben. Ein Erfolg könnte es für den Scholz-Senat schon sein, wenn Mieten und Kaufpreise für Immobilien zu diesem Zeitpunkt nicht mehr weiter steigen würden.

Im Moment sieht es danach leider überhaupt nicht aus, eher im Gegenteil. Die Geschichte eines Paares aus Wellingsbüttel, das sein Haus vor drei Jahren für knapp 750 000 Euro gekauft hat, um in diesem Jahr dafür 1,3 Millionen Euro geboten zu bekommen, ist nur eine von vielen, die für die verrückte Situation auf dem Hamburger Markt typisch ist.

Wer etwas zu verkaufen hat, wird von potenziellen Käufern überrannt; wer etwas sucht, kann froh sein, wenn er überhaupt einmal ein Angebot bekommt. Ob es dann auch nur ansatzweise bezahlbar ist, ist eine andere Frage. Genau daran will der Senat mit seiner Politik der 6000 neuen Wohneinheiten für die Stadt in jedem Jahr etwas ändern. Es wäre unfair, Bürgermeister Scholz und den Seinen vorzuwerfen, dass sie auf dem Weg dahin nicht vieles versuchen würden. Tatsächlich wächst nicht nur die Zahl der Baugenehmigungen, sondern auch die der realisierten Häuser - aber leider nicht in der Geschwindigkeit, die notwendig wäre, um den unfassbar schnellen Anstieg der Mieten und Preise abzudämpfen. Wenn der neue Senat die Hoffnung hatte, er könne mittelfristig die wohnungspolitischen Versäumnisse der Vergangenheit ausgleichen, sieht er sich jetzt getäuscht. Das wird mindestens eine weitere Legislaturperiode dauern, wenn nicht noch länger. Und das ist nicht ungefährlich für Hamburg als wachsende Stadt. Denn das Interesse am Kauf von Häusern und Wohnungen ist in diesen Tagen so groß, dass viele Hamburger damit nicht noch länger warten möchten. Daran sind zum einen die hohen Mieten schuld, die eigenen Besitz genau wie die historisch niedrigen Baugeldzinsen derzeit so attraktiv machen. Zum anderen gibt es insbesondere für vermögende Hamburger im Moment kaum andere Möglichkeiten, ihr Geld lukrativ anzulegen.

Wer irgendwie kann, ist jetzt auf der Suche nach (vermeintlich sicherem) Wohneigentum - und wenn er das in Hamburg nicht findet, dann sucht er eben im Umland. Das führt auch dort zu steigenden Preisen, aber vor allem dazu, dass Gutverdiener nach Niedersachsen und Schleswig-Holstein ziehen. Ob sie zurückkommen, wenn die Lage in Hamburg in vier bis sechs Jahren vielleicht eine bessere ist? Die Steuereinnahmen sind auf jeden Fall erst einmal weg.

Zudem schrecken die hohen Mieten auch Menschen ab, die ansonsten gern nach Hamburg kommen würden, sich die Stadt aber schlicht nicht leisten können. Darunter leiden zum Beispiel Krankenhaus- und Pflegeheimbetreiber, denen es sowieso schon schwerfällt, Personal zu finden. Bei Mieten, wie sie unter anderem in Hamburg verlangt werden, ist das dann fast unmöglich. Soll heißen: Die Situation auf dem Wohnungsmarkt dürfte zumindest kurzfristig auch das Wachstum Hamburgs schwächen, es vielleicht sogar stoppen.

Grundlegend wird sich daran leider in der zweiten Hälfte der Scholz-Regierungszeit nichts ändern, was hoffentlich für alle kommenden Regierungen eine Warnung sein wird. Gerade in Hamburg kann man sich alles leisten - aber nicht, den Bau von Häusern zu vernachlässigen.