Drei Hamburger Studentinnen stellen älteren Menschen Jenfeld vor - die Senioren sind von dem etwas anderen Stadtführer begeistert.

Jenfeld. Eigentlich haben sie vorher nichts über Jenfeld gewusst. "Manchmal bin ich mit dem Auto an der Ausfahrt Jenfeld vorbeigefahren, wenn ich von meinen Eltern aus Mecklenburg-Vorpommern zurückgekommen bin", sagt Katrin Wittwer. Und auch Aurelie Jiope und Ekaterina Korobova konnten vorher mit dem Namen des Stadtteils im äußersten Hamburger Osten nichts anfangen. Vorher - das bedeutet: vor ihrer Mission in Jenfeld. Katrin Wittwer, Aurelie Jiope und Ekaterina Korobova haben einen Stadtteilführer für ältere Menschen entwickelt, der mittlerweile in Jenfelder Senioreneinrichtungen, Sozialstationen und im Jenfeld-Haus ausliegt. Der Name der Broschüre: "Jenfeld er leben".

Ein Seminar an der Uni Hamburg brachte Wittwer, Jiope und Korobova nach Jenfeld: "Projektmanagement" sollten sie nicht nur in der Theorie, sondern auch am praktischen Beispiel lernen. In Jenfeld. Die Kosten für den Druck der Broschüre trug das städtische Wohnungsunternehmen Saga GWG. Die Grafikerin, die das Heft layoutet hat, bezahlten die Jenfelder Sozialeinrichtungen.

Los ging es mit einem Seminar an der Uni, das war im April. Damals kam ihr Team auch erstmals zusammen: Katrin Wittwer, 34, die ihr Psychologiestudium abgeschlossen hat. Aurelie Jiope, 28, die Geowissenschaften studiert. Und Ekaterina Korobova, 29, die BWL mit dem Schwerpunkt Marketing studiert. Durch den Projektmanagement-Kurs versprechen sie sich bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Sie haben ein Konzept geschrieben und erste Fakten über Jenfeld recherchiert. "In Jenfeld leben zurzeit 4446 Menschen über 65 Jahren; das sind 18,1 Prozent der dortigen Gesamtbevölkerung", steht in dem Konzept.

Sie haben Seniorenmessen besucht, um die Interessen ihrer Zielgruppe nachzuvollziehen. Und sie haben mit einer Grafikerin darüber gesprochen, wie groß die Schrift sein soll, damit sie für ältere Menschen gut zu lesen ist. Eine Zwölf-Punkt-Schriftgröße sei gut, sagte die, eine klare Schrift und ausreichend Abstand zwischen den Zeilen.

Was macht man, wenn man eine Broschüre über Jenfeld schreibt - und Jenfeld gar nicht kennt? "Wir sind nach Jenfeld gegangen", sagt Katrin Wittwer. Mit dem Fahrrad erkundete sie den Stadtteil, stellte fest, dass es hier neben hohen Plattenbauten auch viel Grün gibt. Und sie ging mit ihren Kolleginnen auf Foto-Safari im Stadtteil - ihre Broschüre sollte ja nicht nur aus Buchstaben bestehen. Dabei ging es auch um die Geschichte des Stadtteils. Jenfeld hieß früher "Gelevelde" - gelbes Feld - wegen des gelben Sandbodens. Deshalb ist der Umschlag der Broschüre auch gelb.

Wittwer und ihre Kolleginnen fanden heraus, dass es in Jenfeld viele engagierte Bürger gibt. Die Stadteilkonferenz, in der Bürger ihre Interessen vertreten können. Ebenso den Arbeitskreis Senioren, in dem ursprünglich die Idee für einen Stadtteilführer entstanden war.

Aurelie Jiope ist zum Seniorenfrühstück gegangen und hat eine Umfrage gemacht, was die Senioren in einem Stadtteilführer lesen wollen. Sie testete auch verschiedene Schriftgrößen aus.

Der Stadtteilführer ist in erster Linie ein Serviceheft, in dem alle wichtigen Einrichtungen für ältere Menschen vorgestellt werden - mit Anschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse. Gleich auf der zweiten Seite befinden sich wichtige Telefonnummern: Polizei, ärztlicher Notfalldienst, Telefonseelsorge, Fundbüro, Rechtsauskunft. Das Inhaltsverzeichnis ist übersichtlich und führt in die sieben Kapitel ein - von der sozialen Beratung, über Pflege, Freizeit, Gesundheit, Unterstützung im Alltag, Kirchen und weiteren Informationen.

Die Broschüre soll auch das Miteinander fördern, sie führt Seniorentreffs, die Volksspielbühne Jenfeld und das Jenfeld-Haus auf. Im Vorwort für ihre Broschüre haben die Verfasserinnen unter der Überschrift "Jenfeld? Jenfeld!" geschrieben: "Wir sind begeistert, wie viele Menschen sich in Jenfeld für ein lebenswertes Miteinander einsetzen. Wir hoffen, dass wir mit dieser Broschüre dazu beitragen können."

Die Jenfelder Senioren, die sich im Jenfeld-Haus zum Seniorenfrühstück treffen, sind zufrieden mit dem Werk. "Die Schriftgröße ist okay", sagt Uwe Ockens. Der 72-Jährige blättert durch die 116 Seiten des Stadtteilführers. Er ist zufrieden mit dem, was er da sieht.

Nur eine Sache findet er nicht gut: dass die jungen Damen den Wandsbeker Männerturnverein von 1872 vergessen haben. Der hätte doch auch in die Broschüre reingemusst. Tischtennis können Senioren da spielen, Gymnastik machen und Judo. Erika Geldmacher, 78, lebt erst seit einem halben Jahr in Jenfeld. Die Broschüre ist für sie ein wichtiger Ratgeber. "Das ist alles kostenlos?", fragt sie; die Verfasserinnen der Broschüre nicken. "Alle Achtung", sagt Frau Geldmacher.

Am Ende, kurz vor Redaktionsschluss, sagt Katrin Wittwer, seien sie und ihre Kolleginnen ganz schön gestresst gewesen von ihrem Projekt. Sie mussten Korrektur lesen, das Layout ändern, alle Informationen checken. Doch dann war es geschafft. Und sie waren froh: Denn sie wollten nicht einfach irgendein Projekt managen, sondern ein soziales, in dem sie auch ehrenamtliche Arbeit einbringen konnten.

Ende September haben sie ihr Projekt in ihrem Kurs an der Uni vorgestellt. Es sei gut angekommen, sagt Wittwer.

Und es gab auch noch eine Überraschung für sie: Eine kleine Delegation Senioren kam zur Abschlusspräsentation an die Uni - und überreichte den Schöpfern ihres Statteilführers einen Präsentkorb. Damit sie Jenfeld in guter Erinnerung behalten.